Baggern am rechten Rand

Hamburgs Innensenator Ronald Schill ist der Weichspüler ausgegangen: Dem vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Theorieorgan des Rechtsextremismus eingestuften Magazin Nation & Europa gibt Schill ein exklusives Interview

Bei der Präsentation des Wahlkampfprogramms am 16. August in Berlin grenzte Ronald Schill sich noch von den „Rechtsradikalen und Nazis“ ab, nun sucht der Parteivorsitzende doch ihre Nähe. Ganz exklusiv hat Hamburgs Innensenator dem rechtsextremen Monatsheft „Nation & Europa“ (N&E) ein Interview gegeben.

Unter der Überschrift „Stoiber hat sich weichspülen lassen“ erklärt Schill in der neuesten Ausgabe die Gründe für ihre Bundestagskandidatur. „Die Liebäugelei der FDP und SPD hat eine politische Alternative im konservativen Lager nötig gemacht“, führt er an. Nur mit der Schill-Partei könne die „unkontrollierte Zuwanderung gestoppt“ werden. Das Magazin mit einer Auflage von 14.500 Exemplare erscheint seit 1951 und möchte ein Forum für unterschiedliche Positionen aus dem rechtsextremistischen Spektrum bieten. Laut dem Schill unterstellten Hamburger Verfassungsschutz will „die Publikation zur Intellektualisierung und Integration des Rechtsextremismus beitragen“.

Vor über 50 Jahren gründete der ehemalige SS-Sturmbannführer Arthur Ehrhardt das Blatt, um ein „Netzwerk europäischer Neofaschisten im Geiste der Waffen-SS aufzubauen“.

Nach dem Tod von Ehrhardt übernahm 1971 Peter Dehoust, damals NPD-Funktionär in Bayern, die Leitung. Zusammen mit Harald Neubauer, Vorsitzender der „Deutschen Liga für Volk und Heimat“, verlegt Dehoust über Coburg das Heft. Mittlerweile bemühen sich die Herausgeber vor allem zwischen der „Alten“ und „Neuen Rechten“ zu vermitteln, um die Zerplitterung der rechten Parteien zu überwinden.

Nicht ohne Erfolg, wie das Bundesamt für Verfassungsschutz gegenüber der taz hamburg betont. „Das Magazin ist das bedeutendste Theorieorgan des Rechtsextremismus“ erläutert ein Sprecher und „hat eine großen Einfluss“. So schreibt sowohl der frühere REP-Bundesvorsitzende Franz Schönhuber als auch der einstige NPD-Chef Günter Deckert für N&E. Während die ebenso als „rechtsextrem intellektuelle“ ausgerichtete „Junge Freiheit“, moderat ihre antisemitischen und nationalistischen Position präsentiert, formuliert die N&E die Positionen offensiver. In derselben Ausgabe fragt Jan Dammann „wie viele Auschwitz-Opfer?“

„Ich habe dem Blatt kein Interview gegeben“, beteuert Schill. Wie die Äußerungen in das Heft gekommen seien, könne er sich nicht erklären.

Das Heft dokumentiert das Gespräch jedoch mit einem Foto.ANDREAS SPEIT