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Bäckereienschwund droht bis 2020Der Ofen geht langsam aus

Backautomaten in Lebensmittelhandel machen den Bäckereien hierzulande massiv zu schaffen. Viele kleinere Betriebe werden dem Preisgefälle zum Opfer fallen.

Mit den Preisen im Discounter kann der Bäcker von nebenan nicht mithalten. Bild: dpa

DÜSSELDORF dapd | Das Bäckereisterben in Deutschland geht weiter: Nach einer Prognose des Verbandes Deutscher Großbäckereien wird bis 2020 mehr als ein Drittel der Betriebe in der Bundesrepublik aufgeben müssen. Die Zahl der Bäckereien werde von zuletzt 14.000 auf 8.000 sinken wird, sagte Verbandspräsident Helmut Klemme am Montag in Düsseldorf.

Angeheizt wird das Bäckereisterben nicht zuletzt durch die wachsende Zahl von Backstationen in Discountern und Supermärkten. Ihre Zahl werde in den nächsten zwei Jahren voraussichtlich von derzeit rund 15.000 auf etwa 25.000 steigen, sagte Klemme. Dabei würden schon heute 60 Prozent aller Brote im Lebensmittelhandel verkauft.

„Die Verbraucher stimmen mit den Füßen ab: Diese Entwicklung geht eindeutig zulasten der kleinen Bäckereien“, sagte Kemme. Ein Grund dafür dürfte das Preisgefälle sein. Ein Kilogramm Brot koste laut Marktforscher GfK beim traditionellen Bäcker durchschnittlich 3,88 Euro, in der Backstation dagegen nur 2,42 Euro, sagte der Verbandschef.

Der Konzentrationsprozess in der Branche hatte bereits vor Jahren begonnen. Nicht nur viele kleine Betriebe müssen aufgeben, auch Filialketten mit bis zu 50 Verkaufsstellen werden aus dem Markt gedrängt. Im Jahr 2010, dem letzten Jahr für das Zahlen vorliegen, hatten die 34 größten Bäckereien bereits einen Marktanteil von 30 Prozent.

Großbäckereien bauen Position aus

Die knapp 12.000 kleinsten Betriebe erreichten zusammen nur 20 Prozent. Seitdem hätten die Großbäckereien ihre Position noch weiter ausgebaut, sagte der Verbandschef. Schlechte Nachrichten hatte der Verbandspräsident für Verbraucher: Der enorme Kostendruck bei Rohstoffen, aber auch bei Energie- und Personalkosten werde sich wohl in den Preisen niederschlagen.

Das in diesem Jahr erwartete Umsatzplus der Branche von rund 200 Millionen Euro sei allein auf Preiserhöhungen zurückzuführen, hieß es. Insgesamt rechnet die Branche mit einem Umsatz von fast 18 Milliarden Euro. Deutschland gehört beim Pro-Kopf-Verbrauch mit rund 57 Kilogramm Brot und Brötchen, fast 15 Kilogramm Backwaren und rund drei Kilogramm Backwarenprodukten nach wie vor weltweit zu den Spitzenreitern.

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16 Kommentare

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  • W
    Weizenhändler

    Die Preissteigerung von Waren an der normalen Dorfbäckerei ist einfach auch darauf zurückzuführen, dass die Preise für die Rohstoffe gesteigen ist.

     

    Die Dürre in Amerika und Ernteausfälle in unvrostellbarer Höhe lassen auf Grund von gleichbleibender Nachfrage und viel geringerem Angebot einfach den Preis steigen,

    deswegen wrid auch das Endprodukt Brot teuerer.

     

    Genauso ist es mit den Energiekosten, ein Backofen läuft nunmahl nicht mal einfach so, sondern der braucht strom oder andere Energien,

    das wird ja auch nicht billiger

  • M
    mimi-kri

    Den meisten Menschen in Deutschland ist es egal, was sie essen - HAUPTSACHE BILLIG!

     

    http://www.shortnews.de/id/636808/Berlin-Schrippen-aus-China-sind-zwei-Monate-mit-dem-Schiff-unterwegs

     

    Auch interessant aber teilweise überholt (was die Brötchen betrifft):

  • M
    Michael

    @Dice

    Zitat: "Am Backautomat bei z.B. Lidl bekomme ich auch nur wenige unterschiedliche Produkte, dafür sehr günstig. Und man sagt mir, was drin ist in den Brötchen."

     

    Letzteres dürfte mitnichten der Fall sein!

    Zusatzstoffe müssen nur deklariert werden, wenn Sie die Haupteigenschaften eines Produktes im Fokus haben, bei Brot z.B. Farbe, Geschmack usw.

    Die ungleich höhere Menge an Zusatzstoffen wird jedoch zur Optimierung des technischen Herstellungsprozesses eingesetzt - und muss deshalb nicht deklariert werden.

    Bei vielen Produkten würde die gesamte Verpackungsoberfläche nicht ausreichen, um all diese Zusatzstoffe in der vorgeschriebenen Schriftgröße aufzulisten.

    Das gilt natürlich auch fürs Brot aus dem Discounterautomaten.

    Leider haben die traditionellen Bäckereien eine PR-Gegenoffensive nach dem Motto "Mehl, Wasser, Salz, Bio-Hefe - sonst nichts" bisher verpasst.

    A propos Biohefe - mich wundert immer wieder, dass in Bio-Brot fast immer ausgerechnet die Hefe nicht "Bio" ist (weil gentechnisch hergestellt) - und das stört anscheinend niemanden.

  • C
    Count

    Ich würde gern ordentliches Brot kaufen (und auch dafür einen höheren Preis zahlen). Bei mir in der Gegend finde ich aber keinen Bäcker, der selbst backt. - fänd ich ja toll, einen Laden zu finden, an dem steht "Wir backen selbst"... gibts aber nicht.

  • T
    T.V.

    Ich gestehe auch, meistens beim SB-Bäcker zu kaufen. Schmeckt nicht, aber die Leute sind netter und billiger ists halt auch. Qualität hat ihren Preis, aber der muss nicht 50% höher sein als vor 10 Jahren und mit unfreundlicher Bedienung daher kommen. In diesem Sinne selbst schuld.

  • T
    Thorsten

    Das Brot vom Bäcker schmeckt doch ganz anders als der Fertigkram aus der Backstation - jedenfalls hier in Süddeutschland. In Berlin mag das anders sein...

  • K
    Klara

    Wer keinen Geschmack hat und auf Handwerk(er/innen) pfeift, bedient sich aus der Backstation.

    Auch ein Mensch, der von H4 lebt, kann sich wenigstens ein qualitativ gutes Brot je Woche leisten.

    Geht es eben ohne Süßigkeiten und ohne Kaffee.

  • I
    Ingo

    Kann die Leute nicht verstehen; zahle bei meinem Bäcker in 50er- Jahre- Optik für 750 g Natursauerteigbrote (ob Kürbiskern, Sonnenblume, Warburger) 2,50 Euro, und da kommt keine Fertigbackmischung zum Einsatz.

    Im Gegensatz zu dem Industriefrass vom Discounter kann ich die auch nach einer Woche noch mit Genuss essen.

    Wem das für echtes Handwerk zuviel ist, möge sich weiter mit unnötigen Zutaten vollstopfen.

  • B
    bakerman

    Wer waren denn die Vorreiter der Automatisierung des Backens? Richtig, Bäcker, die mit ihrem Geld Maschinen kauften, mehr produzierten, Filialen eröffneten, noch mehr produzierten usw. Der heutige "kleine" Bäcker muß sich also bei seinen Kollegen beschweren.

     

    Ich bin bei Backwaren schon vor Jahren zum Discounter gewechselt, weil ich dort auch nach Feierabend, also gegen 17 oder 18 Uhr mir ein Brot o.ä. kaufen kann, während ich beim Bäcker nur zusehen darf, wie die letzten Krümel zusammengefegt werden.

     

    Nun habe ich beim Discounter endlich ein Baguette gefunden, das auch so schmeckt wie in Frankreich. Hat hier nie ein Bäcker hinbekommen. Und in F wird das schon seit Jahrzehnten auch im Supermarkt gebacken....

  • H
    heinzl

    Kleine Bäckereien, die gutes Brot backen werden immer Überleben. Versuchen Sie einmal in einer Backstation ein ausgehobenes Roggenbrot oder Sauerteigbrot zu bekommen. Oder gar ein frisches Kommissbrot!

    Die beiden guten Handwerksbäckereien bei uns im Ort haben die Bude voll, schließen musst die kleinen Backstuben, die versuchten mit Fertigmehlmischungen den Kampf gegen die Backautomaten aufzunehmen.

  • K
    kotsch

    @ aurora:

    Backen Sie doch selber!

    Denken Sie, dass sich der Preis für ein Laib Brot nur aus dem Mehlpreis zusammensetzt? Denken Sie an Miete, Lohn, Strom, etc.?

    Sie sollten sich eher über zu niederige Löhne als über zu hohe Brotpreise in Deutschland aufregen.

  • B
    bernd_888

    Wenn man sieht, wie die Preise bei den Bäckern in letzter Zeit gestiegen sind, brauchen sie sich über fehlende Nachfrage nicht zu wundern.

  • D
    Dice

    Ja, das sehe ich auch so mit den Preisen, sie sind viel zu hoch. Ich betrachte das aber nicht als Abzocke - die kleinen Bäcker werden ja nicht reich - sondern als Ungeschicktheit. Statt ein paar Brote günstig zu produzieren, wie es die Franzosen z.B. mit dem Baguette machen, werden sehr viele unterschiedliche Produkte teuer produziert. Am Backautomat bei z.B. Lidl bekomme ich auch nur wenige unterschiedliche Produkte, dafür sehr günstig. Und man sagt mir, was drin ist in den Brötchen, was mir bisher jeder Bäcker verschwiegen hat.

  • K
    klarsicht

    Erst wenn Leute wie aurorua ihr getreide selbst anpflanzen,ernten und die Brote backen müssen, werden sie lernen, wie sich Preise zusammensetzen.

    Warum schließen denn wohl die Bäckereien? Weil es ihnen zu gut geht? Oder weil man bei Hartz IV vielleicht mehr "verdient"?

  • Z
    zuechter

    wer konventionelles Brot kauft ist selber schuld, das Getreide dafür ist voll mit Glyphosat von den Totalherbiziden, die in Massen von skrupellosen Landwirten auf die Äcker gekippt werden

  • A
    aurorua

    Ein Kilogramm Brot koste laut Marktforscher GfK beim traditionellen Bäcker durchschnittlich 3,88 Euro, in der Backstation dagegen nur 2,42 Euro, sagte der Verbandschef.

     

    Eine Tonne (1000 Kilogramm) Getreide hat z.Zt. einen Weltmarktpreis von ca. 250,- Euro, insofern sind die Preise beim traditionellen Bäcker, sowie bei der Backstation absolute Abzocke und Betrug.

    Während man beim Produzenten die Preise in ausbeuterischer Weise rigoros drückt, wird der Verbraucher eiskalt und schamlos ausgepresst.