"Bad Banks" und "Good Banks": Wie rettet man ein Finanzsystem?
Beim Versuch, die Krise in den Griff zu bekommen, ist bislang vor allem eines klar: Es wird unglaublich teuer.
BERLIN taz Weltweit herrscht Ratlosigkeit, wie das Finanzsystem stabilisiert werden kann. Keines der vielen Experimente hat bisher funktioniert. Instruktiv ist das Beispiel Großbritannien, wo fast alle Modelle diskutiert oder erprobt werden. Am Montag gab die Regierung Brown ein gigantisches Rettungspaket bekannt. Die britischen Banken können sich jetzt beim Staat gegen sämtliche Kreditausfälle versichern. Rund 180 Milliarden Pfund könnte das die Regierung kosten. Bislang noch erfolglos: Spekulanten wetteten mit Leerverkäufen auf fallende Bankaktien.
Nach nur wenigen Tagen ist das britische Rettungsmodell also obsolet. Dabei hatte sich der britische Premierminister Gordon Brown ursprünglich vorgestellt, international Furore zu machen: Spätestens auf dem Weltfinanzgipfel im April sollte sein Versicherungskonzept diskutiert werden, damit es auch alle anderen Staaten übernehmen. Davon ist nun nicht mehr die Rede.
Stattdessen wird in Großbritannien debattiert, ob man nicht alle Großbanken komplett verstaatlichen sollte. Teuer wäre das nicht mehr: In der Financial Times wurde am Donnerstag vorgerechnet, dass die Barclays Bank an der Börse nur noch 6 Milliarden Pfund wert ist. Die Royal Bank of Scotland kostet sogar nur noch 4 Milliarden - allerdings ist dort der Staat sowieso schon mit 70 Prozent Eigentümer, nachdem die Schotten mehrmals große Kapitalspritzen nötig hatten. Die komplette Verstaatlichung der Banken hätte noch einen weiteren Vorteil, wie der Londoner Wirtschaftsprofessor Willem Buiter argumentiert, der ein Schüler des Nobelpreisträgers James Tobin ist: Man könnte mühelos eine "Bad Bank" einrichten.
Eine solche staatliche Spezialbank würde den Kreditinstituten ihre faulen Wertpapiere abnehmen - und damit wären die Banken endlich wieder in der Lage, neue Kredite auszugeben.
Auch bisher waren "Bad Banks" schon weltweit im Gespräch. So war der erste Rettungsplan in den USA eigentlich eine Art "Bad Bank", sollten doch für 700 Milliarden Dollar toxische Papiere aufgekauft werden. Doch die Idee scheiterte schon im vergangenen Herbst an der zentralen Frage, wie man denn den Preis bestimmen soll, den der Staat für die Schrottpapiere zahlt. Es gibt ja keinen funktionierenden Markt mehr für diese hochkomplexen Produkte. Zu groß war also die Gefahr, dass sich die Regierungen auf einen überhöhten Preis einlassen und sich dann die privaten Banken auf Kosten des Staates sanieren. Genau deswegen wird ja auch in Deutschland eine "Bad Bank" parteiübergreifend abgelehnt. Wenn aber die Banken verstaatlicht sind, ist die Sorge überflüssig, man könnte zu viel für die toxischen Papiere zahlen. Es würde doch sowieso alles dem Steuerzahler gehören - die "Bad Bank" genauso wie die sanierten "Good Banks". Allerdings würde auch eine Verstaatlichung nichts daran ändern, dass es unglaublich teuer wird, das Finanzsystem zu retten. ULRIKE HERRMANN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett