Baci & Co im Überseemuseum: Süße Zeiten für Bremen
Salami für den Papst
Sie ist süß, sie ist dickflüssig und herrlich klebrig – italienische chocolata ist die heimliche Leidenschaft der Familie Cercena. In der Eisdiele in Findorff spielt sie zwar neben dem Eis nur die zweite Geige, aber Roberto Cercenas Strahlen in den Augen, wenn er die Schokoladenspezialitäten aus seiner Heimat serviert, spricht dicke Bände.
Gestern verwöhnte er ausgesuchte Gäste im Restaurant „Übersee im Museum“ mit sage und schreibe zwölf verschiedenen Kalorienbomben – von Bisquitkugeln mit Schokoladen-Füllung über Schokoladeneis bis zu einem riesigen Gigné mit Schoko-Überzug. „Die Präsentation mit Verkostung – Italienische Schokoladenkultur“ war eine Ergänzung zur derzeitigen Schokoladenausstellung im Übersee-Museum.
„In unserer Ausstellung geht’s ja nur um Bremische Schokolade, aber wenn es hier die Kompetenz gibt, Schokolade aus anderen Ländern zu zeigen, wollen wir die Leute auch hinzuziehen!“, erzählt Professor Doktor Roder vom Übersee-Museum in leicht komplizierten Worten.
Dass die Wahl für die erste Präsentation auf Roberto Cercena fiel, war wohl eine glückliche Fügung, denn der junge Italiener kann nicht nur eine Menge Köstlichkeiten zaubern – er weiß auch allerlei über die Geschichte der Schokolade in seiner Heimat. Die ist so lang wie turbulent: Im 17. Jahrhundert entdeckte der Kaufmann Caretti, dass die Kakaobohne – der deren Entdecker Columbus im 16. Jahrhundert kaum Beachtung geschenkt hatte – ungeahnte sinnliche Qualitäten hat und brachte sie nach Florenz. Vorerst kamen nur die Nobelfamilien in den Genuss des süßen Geheimnisses. Den Einwohnern von Turin hat es wohl besonders gut geschmeckt, denn sie wurde Italiens Schokoladenhauptstadt.
Mitte des 17. Jahrhunderts bekam die Schokolade dann einen unerwarteten Gegner: Der Papst war höchst erbost über die sündige dunkle Flüssigkeit. Verboten, im Namen des Herrn! Ob er sie dann heimlich probiert hat oder die Römer Revolution geprobt haben, weiß man nicht. Auf jeden Fall ließ er sich auf einen Kompromiss ein: Erst Kakao trinken, dann um Vegebung beten. Na, Amen!
Den klopfen wir schon noch weich, dachten sich die italienischen Leckermäuler: „Salame del papa“, Salami für den Papst könnte die unschlagbare Waffe gewesen sein. Warum, war gestern zu schmecken: Wer in den Genuss dieser leckeren Scheibchen aus Bitterschokolade, Zwieback, Rum und Zucker gekommen ist, hat keine Prinzipien mehr!
Robert Cercena hat hohe Maßstäbe für seine Nachfolger gesetzt, die die Schokoladenkultur ihres Landes in den nächsten fünf Monaten im Restaurant des Übersee-Museums vorstellen werden: So perfekt wie eines seiner Schoko-Törtchen war die Kombination aus kulinarischen Genüssen und heimatlichen Anekdoten abgerundet. sam
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