Babyklappe: Unbekannte Mutter gesucht
Während Hamburg die Mutter eines abgelegten Säuglings sucht, plant Niedersachsen die fünfte Babyklappe - und preist sie als Ausweg für verzweifelte Eltern an.
Zum ersten Mal startet die Hamburger Sozialbehörde einen Aufruf nach der unbekannten Mutter eines Neugeborenen, das vor wenigen Tagen in einer Babyklappe abgelegt worden ist. Am vergangenen Mittwoch fanden die Mitarbeiter des Kinderkrankenhauses Altona das drei Tage alte Mädchen. Das Kind ist gesund und soll bereits fachgerecht abgenabelt worden sein. Wie es bei einer anonymen Abgabe üblich ist, wurde das Baby zuerst gründlich untersucht und dann in Pflege gegeben. Acht Wochen hat die Mutter nun Zeit, um ihre Tochter zurückzuholen.
Familiensenator Dietrich Wersich (CDU) bittet nun die Mutter, sich über die Hamburger Baby-Hotline bei den zuständigen Stellen zu melden. Ob der öffentliche Aufruf ein Appell gegen anonyme Kindsabgabe ist, möchte die Sprecherin der Sozialbehörde, Julia Seifert, nicht bestätigen: "Mit dem Aufruf sollen der Mutter, die sich möglicherweise in einer Notlage befindet, Hinweise zu möglichen Hilfen und Unterstützung gegeben werden." Demnach müsse keine Frau in Hamburg ihr Kind heimlich zur Welt bringen, da alle Krankenhäuser die Möglichkeit einer Beratung und anonymen Geburt anbieten.
Erst kürzlich hatte der Deutsche Ethikrat empfohlen, Babyklappen abzuschaffen. Durch die anonyme Kindsabgabe werde das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung verletzt. Außerdem argumentierte der Ethikrat, dass Frauen, die ihre Babys töten, mit der Babyklappe nicht erreicht würden. "Bei ihnen erfolgt eine Tötung der Kinder oftmals im Affekt", nachdem sie ihre Schwangerschaft lange Zeit verdrängt haben, heißt es in der Empfehlung vom November 2009. Der Ethikrat stützte sich dabei besonders auf Untersuchungen der forensischen Psychiatrie.
Während in der Hamburger Sozialbehörde noch auf eine Zusammenführung von Mutter und Tochter gehofft wird, errichtet Niedersachsen seine mittlerweile fünfte Babyklappe. Neben den bereits bestehenden Angeboten in Hannover, Nordhorn, Braunschweig und Osnabrück wird im Sommer auch Rotenburg ein so genanntes Babykörbchen bekommen. Das Projekt des örtlichen Diakoniekrankenhauses soll mehr als 30.000 Euro kosten. Unterstützt wird die Babyklappe von der niedersächsischen Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann (CDU). "Jedes einzelne kleine Menschenleben rechtfertigt dieses Angebot als ultima ratio", sagte sie.
Ross-Luttmann zufolge konnten allein in Niedersachsen in den vergangenen zwei Jahren zehn Säuglinge durch Babykörbchen gerettet werden. Verzweifelte Eltern, die keinen Ausweg sehen, dürfte dieses Angebot nicht entzogen werden. "Das Recht auf Leben ist unendlich wichtiger als das Recht auf Kenntnis der eigenen Herkunft", sagte die Ministerin.
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