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BVG-StreikAbgerechnet wird am Streikende

Unter dem BVG-Ausstand leiden vor allem Einzelhandel und Gastronomie, Verband spricht gar von "schrecklichen Verhältnissen". Der BVG entstehen bisher keine Zusatzkosten, der Senat spart Geld.

Seit Mittwoch sorgt der Streik für überquellende S-Bahnen Bild: DPA

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) lässt der BVG-Streik kalt. Bereits am ersten Tag - dem Mittwoch vergangener Woche - ließ er mehrfach verkünden, dass der Senat jeden Tag damit rund 500.000 Euro spare. Denn das Land müsse dem hochsubventionierten Unternehmen keinen Zuschuss zahlen, wenn Bahnen und Busse nicht fahren.

Aber auch für die BVG scheint der Streik kaum negativ zu Buche zu schlagen. Etwa 1,3 Millionen Euro Einahmeausfälle würde der Streik verursachen, so das Unternehmen: die halbe Million Euro vom Land Berlin und etwa 800.000 Euro durch fehlende Fahrkartenverkäufe. Demgegenüber stünden Einsparungen von täglich etwa 1 Million Euro Lohn und Gehalt, die die BVG ihren streikenden Mitarbeitern nicht auszahlt. 300.000 Euro würden zudem laut BVG-Sprecherin Petra Reetz pro Tag für Strom und Diesel gespart. Da stellt sich die Frage: Abgesehen von den Fahrgästen - wem tut der Streik überhaupt weh?

Er scheint vor allem den Handel und die Kneipiers zu treffen: Nils Busch-Petersen, Geschäftsführer des Berliner Einzelhandelsverbands, spricht von 20 bis 30 Prozent Umsatzeinbußen. Der Verlust falle je nach Lage sehr unterschiedlich aus. Aber selbst Geschäfte an der Tauentzienstraße, am Kudamm und am Alexanderplatz seien betroffen. "Wir werden die Verhältnisse nicht verändern, wenn wir sagen, wie schrecklich der Streik ist", so Busch-Petersen. Damit würde man Ver.di bloß eine Freude bereiten. "Die Verhältnisse sind aber schrecklich."

Am schlimmsten trifft es Gewerbetreibende, die ihre Geschäfte in U-Bahnhöfen haben. Aus Sicherheitsgründen hat die BVG fast alle Stationen gesperrt. Mehrere Besitzer von U-Bahn-Läden haben Klagen gegen die BVG vorbereitet.

Auch im Gaststättengewerbe häufen sich die Klagen: Von 50 Prozent Umsatzverlust berichtet eine Betreiberin einer Bar nahe dem Nollendorfplatz in Schöneberg. Viele Gäste, die sonst von Prenzlauer Berg oder Steglitz kommen, blieben aus, erzählt sie. Von anderen Kneipenbetreibern habe sie Ähnliches gehört.

Der Präsident der Berliner Industrie- und Handelskammer, Eric Schweitzer, nannte die Ver.di-Ankündigung, den Streik über Freitag hinaus auszudehnen, eine "Katastrophe". Dies gefährde vor allem kleine Unternehmen, Einzelhändler und Gastronomiebetriebe in ihrer Existenz, sagte Schweitzer.

Etwas gelassener sieht die Lage lediglich Berlin-Tourist-Marketing-Sprecher Christian Tänzler. Der große Zulauf auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB), die am Sonntag zu Ende ging, habe gezeigt, dass der Streik potenzielle Berlinbesucher bisher noch nicht abgeschreckt habe, sagte Tänzler.

Je nachdem, wie lange der Streik dauere, könnte es aber durchaus Imageschäden für Berlin geben. Tänzler berichtet von französischen und italienischen ITB-Besuchern, die mit einem Schmunzeln gesagt haben: Endlich treffe es die Deutschen auch mal. Sie seien zu Hause ja ständig von Streiks betroffen. Deutsche Berlin-Urlauber hingegen würden schon sehr empfindlich reagieren und womöglich ihren Osterurlaub in der Hauptstadt stornieren, so Tänzler. Dann würde auch Berlins wichtigster Wirtschaftszweig leiden.

Dass der Imageschaden immens sei, gibt auch Petra Reetz zu. "Ein Streik ist immer ein Vertrauensverlust bei Kunden." Die BVG-Sprecherin befürchtet, dass einige Pendler nach Ende des Ausstands nicht mehr zu den öffentlichen Verkehrsmitteln zurückkehren. Und auch finanziell ist der Streik nicht ganz so schmerzlos für die BVG. Reetz berichtet von Folgeschäden wie etwa den ruhenden Bauarbeiten im U-Bahn-Netz und in den Werkstätten, wo derzeit keine Busse und Bahnen gewartet werden. Diese Kosten könnten erst nach Ende des Streiks ermittelt werden, wenn die Beschäftigten dort teure Überstunden schieben müssen.

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