BUND in NRW rechnet mit Ökologiepolitik ab: "Fünf verlorene Jahre"
Geschäftsleiter Dirk Jansen vom BUND in NRW rechnet mit der schwarz-gelben Ökologiepolitik ab. Das Schlimmste für ihn wäre: Wenn jetzt noch eine große Koalition folgte.
taz: Herr Jansen, was war gut an fünf Jahren Schwarz-Gelb in NRW?
Dirk Jansen: Nichts. CDU und FDP stehen für fünf verlorene Jahre im Klima- und Umweltschutz. Die Emissionen des Klimakillers Kohlendioxid etwa sind allein in den Jahren 2005 bis 2007 um zehn Millionen Tonnen gestiegen.
Was hat CDU-Landesumweltminister Eckhard Uhlenberg falsch gemacht?
Er hat Umweltstandards gesenkt, Beteiligungsrechte von Bürgern und Verbänden beschnitten, Eingriffe in den Naturschutz erleichtert und beim Flächenschutz versagt: Jeden Tag werden in NRW fünfzehn Hektar Natur zubetoniert.
Warum urteilen Sie so harsch?
Ich urteile ganz nüchtern. CDU und FDP stehen für eine intensive, nicht ökologische Landwirtschaft und weniger Tierschutz. Gleichzeitig geht das Artensterben weiter: 50 Prozent der Tiere und Pflanzen stehen auf der roten Liste. Getreu ihrem Motto "Privat vor Staat" hat diese Landesregierung alles den vermeintlichen Interessen des Wirtschaftsstandorts NRW untergeordnet und dabei Bürger- und Umweltrechte geopfert. Nehmen Sie doch nur den Verkauf des Staatswalds, der jetzt unter rein kommerziellen Interessen ausgebeutet werden soll!
Dirk Jansen (46) ist Diplom-Geograf und Geschäftsleiter des BUND in Nordrhein-Westfalen.
***
Die Wahl: Die Landtagswahl im einwohnerstärksten Bundesland am 9. Mai gilt als Lackmustest für die nächste Bundestagswahl. Doch über welche Inhalte streiten die Parteien? In der taz-Serie "NRW entscheidet" reden Experten. Es folgen u. a.: Udo Beckmann vom Lehrerverband, Kommunalberater Martin Junkernheinrich zur Finanzkrise der Städte.
***
Der Zwischenstand: Schwarz-Gelb ohne Mehrheit. CDU 38 Prozent, FDP 8, SPD 34, Grüne 11, Linke 6 Prozent (Emnid). Eine aktuelle OmniQuest-Umfrage ergab erstmals eine rot-grüne Mehrheit.
***
CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers argumentiert, seine Regierung sorge mit dem Bau moderner Kohlekraftwerke für besseren Klimaschutz. Stimmt das?
Kohlekraftwerke sind Klimakiller. Das erkennen auch immer mehr Unternehmen - wie etwa die Düsseldorfer Stadtwerke, die erst am Freitag den Bau einer solchen Dreckschleuder abgesagt haben und jetzt auf ein wesentlich weniger umweltschädliches Gaskraftwerk und erneuerbare Energien setzen. Die Kohlepolitik ist das Symbol für das Scheitern der Regierung Rüttgers: Parallel zum Klimagipfel von Kopenhagen hat sie den Vorrang erneuerbarer Energien aus dem Landesentwicklungsgesetz geworfen, um den Schwarzbau des Kohlekraftwerks Datteln im Nachhinein zu legalisieren.
Aber die Absage an neue Atomkraftwerke freut Sie?
Schwarz-Gelb will den Bau neuer Forschungsreaktoren in NRW fördern und fordert eine Laufzeitverlängerung der alten Schrottmeiler überall in der Republik. Ich kann nur warnen: Wer CDU oder FDP wählt, wählt Kohle und Atom.
Dafür ist NRW gentechnikfrei.
Nur wegen des Drucks der Bürger, Bauern und Verbände. Es traut sich einfach niemand, hier gentechnisch manipuliertes Saatgut anzupflanzen. Prinzipiell bekennen sich CDU und FDP aber klar zur grünen Gentechnik.
Sie trauern noch immer der grünen Umweltministerin Bärbel Höhn hinterher?
Höhn hatte es nicht leicht, mit der damaligen Beton-SPD umweltpolitische Akzente zu setzen. Aber sie hat es versucht, etwa beim Öko-Landbau, beim Immissionsschutz, bei der Abfallbeseitigung. Auch hier stehen CDU und FDP für einen Rollback.
Herr Jansen, was wäre Ihre persönliche Horrorkoalition?
Die große Koalition wäre Stillstand pur. Die Kohle-SPD vereint mit der Atompartei CDU - nach Schwarz-Gelb könnten wir das in NRW am wenigsten gebrauchen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Twitter-Ersatz Bluesky
Toxic Positivity