: BRD durch 1:0 gegen die CSFR im Halbfinale
Berlin (taz) - Durch einen von Lothar Matthäus in der 25. Minute verwandelten Foulelfmeter erreichte die bundesdeutsche Fußball-Nationalmannschaft das WM-Halbfinale. Die Partie war, der Temperatur von 33 Grad angemessen, ziemlich lahm, vor allem die Tschechoslowaken spielten, als ginge es bloß um den Pokal des braven Soldaten Schwejk in irgendeinem Prager Vorort.
Die weitaus energischste Figur auf dem Feld war der österreichische Schiedsrichter Helmut Kohl. Der sonst eher gemütliche Mann wirkte, als habe er kurz vor dem Spiel drei Flaschen aufputschenden Hustensaft gekippt und schien außerdem zu wissen, was er seinem Namen am Tag der deutschen Währungsunion schuldig war. Mit großem Eifer fiel er über die CSFR-Akteure her, pfiff permanent Freistöße gegen sie, bedachte sie großzügig mit gelben Karten und stellte in der 70. Minute ihren Mittelfeldspieler Moravcik vom Platz. Dieser hatte, nachdem er bereits verwarnt worden war, zuerst ein Foul im Strafraum vorgetäuscht und dann in hohem Bogen seinen Schuh weggeschleudert; bei der strengen Kleiderordnung der FIFA, die schon aus der Hose hängende Trikots und rutschende Strümpfe unnachsichtig verfolgt, natürlich ein unverzeihlicher Frevel.
Die tschechoslowakische Mannschaft strahlte vor 73.347 Zuschauern im Mailänder San Siro-Stadion nicht die mindeste Torgefährlichkeit aus, ihre beste Chance war ein Freistoß von Bilek, den Torwart Illgner über die Querlatte lenkte. Anders die Deutschen, bei denen in der ersten Halbzeit vor allem Klinsmann und Buchwald das Tor des unsicheren Stejskal bedrohten. Dreimal mußte ein Abwehrspieler auf der Torlinie retten.
In der zweiten Halbzeit plätscherte das Spiel gemütlich dahin, von einer ungestümen Schlußoffensive der CSFR konnte keine Rede sein, und nur noch Franz Beckenbauer schien Zweifel am 1:0-Sieg seines Teams zu haben. Bis zum Schlußpfiff bechsimpfte er seine Abwehr vom Spielfeldrand aus wie ein Rohrspatz. Halbfinalgegner der BRD wird am Mittwoch in Turin der Sieger des Matches Kamerun-England sein.
Matti
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