piwik no script img

BKA und Rotes Kreuz

Die internationale Hilfsorganisation zeigte bei der Wahl ihres Logos nicht allzuviel Phantasie. War auch gar nicht nötig. Es genügte eine Umkehrung des Schweizer Wappens. Das so entstandene rote Kreuz auf weißem Grund wurde zum „völkerrechtlich verbindlichen Schutzzeichen“. Für das „Rote Kreuz“ gelten die 1965 in Wien festgelegten Prinzipien Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit usw. usw. Toleranz oder gar Humor gehören selbstverständlich nicht dazu, dafür ist die Sache viel zu ernst. Wenn jemand das Rot-Kreuz-Zeichnen irgendwo hin pinselt, wo es nach Meinung der Hilfsorganisation nicht hingehört, regagiert z.B. das „Deutsche Rote Kreuz“ (DRK) giftig wie eine Natter. Das bekam das BKA zu spüren.

Jeder gute Deutsche weiß, daß sich hinter dem Kürzel BKA das „Bochumer Krimi Archiv“ verbirgt, vor ein paar Jahren bekam es aber noch eine andere Bedeutung: „Berliner Kabarett Anstalt“. Längst ist das Kreuzberger Theaterkollektiv auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt und berüchtigt für seine beißenden Shows und Stücke. Das DRK, Landesverband Berlin, schlug jetzt zurück — mit einem Brief: „Wie wir uns davon überzeugen konnten, führen Sie auf den von Ihnen zum Aushang gebrachten Plakaten, mit denen Sie auf die Veranstaltung ,Entbindungsstation — Hilfe ich komme‘ — ,Die Enterbten — jetzt auch jugendfrei‘ aufmerksam machen, das Rot-Kreuz-Wahrzeichen. Zudem sind zwei Männer abgebildet, die nach unserem Dafürhalten in das menschliche Schamgefühl verletzender Weise ihre Hose fallen lassen.“ Dann folgen jede Menge Paragraphen, unterbrochen von ein paar Floskeln wie „nicht gestattet“, „verbotswidrige Verwendung“ oder „unter Strafe gestellt“. Zum Schluß wird ein Ultimatum gestellt: Entfernung bzw. Unlesbarmachung des roten Kreuzes bis zum 20. März, sonst strafrechtliche Schritte. Die BKA- Leute ließen den Termin gelassen verstreichen, waren aber so freundlich, dem DRK Hilfestellung bei der Interpretation des Plakats zu leisten: „Was da für sie in schamhafter Art und Weise passiert, ist keine Schweinerei, sondern eine Lebenshaltung von vielen Männern, die gemeinhin als homosexuell bezeichnet wird. Falls die Totkreuz-Führung allerdings Homosexualität für eine Krankheit hält, sind wir gern bereit, den Rosa Winkel zu tragen.“ Das ist natürlich wieder gefährlich, denn für dieses Wahrzeichen besitzt in Deutschland bestimmt auch noch jemand die Rechte. Karl Wegmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen