BGH beschränkt Arzneirabatte: Nur kleiner Bonus erlaubt
Der Bundesgerichtshof hat am Donnerstag Rabatte für Arzneimittel in Apotheken eingeschränkt. Nachlässe bei Versandhändlern bleiben umstritten.
KARLSRUHE taz | Apotheken dürfen Kunden nur mit geringwertigen Rabatten und Zugaben ködern. Dies entschied am Donnerstag der Bundesgerichtshof (BGH) in sechs Grundsatzurteilen. Bisher hatten die Gerichte solche Bonussysteme teils verboten, teils erlaubt.
Wer in den drei Offenburger Apotheken des Ehepaars Douglas einkauft, bekommt als Bonus einen Douglas-Taler hinzu. Diese Münzen im Nennwert von 50 Cent können die Kunden sammeln und später zu Einkäufen nutzen - nicht nur in den angeschlossenen Apotheken, sondern auch in einer Bäckerei, beim Eiscafé oder in der Tankstelle.
Bundesweit nutzen einige Dutzend Apotheken solche Bonustaler zur Kundenbindung. Andere Apotheken verteilen Gutscheine oder geben einfach Rabatte. Sie reagieren damit auf die Preisnachlässe, die ausländische Versandapotheken wie DocMorris ihren Kunden geben.
Doch so gut die Bonussysteme bei den Kunden ankamen, so ärgerlich reagierten meist die örtlichen Konkurrenzapotheker. Immer wieder gab es Klagen gegen die Rabatte, teilweise mit Erfolg. Denn die Apothekenpreisverordnung verbietet den Preiswettbewerb unter den Apotheken; rezeptpflichtige Medikamente sollen überall dasselbe kosten. Wie bei der Buchpreisbindung soll so eine dezentrale Versorgung sichergestellt werden.
Der erste Zivilsenat des BGH sah in den Talern und anderen Rabatten im Prinzip Verstöße gegen diese Preisbindung von Arzneimitteln. "Auch wenn vom Kunden der korrekte Preis verlangt wird, so lassen die mit dem Kauf verbundenen Vorteile den Erwerb doch günstiger erscheinen", sagte der Vorsitzende Richter Joachim Bornkamm. Allerdings führten die Richter eine "Bagatellgrenze" ein. Werbegaben von geringem Wert sind demnach keine Gefahr für die Apothekeng-Gundversorgung.
Doch wo liegt nun die Grenze? Anhand der sechs zu entscheidenden Fälle erklärten die Richter, dass Gaben im Wert von 1 Euro noch zulässig sind, während Vorteile im Wert von 5 Euro verboten wurden. "Die Grenze dürfte eher bei 1 als bei 5 Euro liegen", sagte ein Gerichtssprecher.
Ungeklärt ist aber vor allem noch, wie es mit den Rabatten der Versandapotheken weitergeht. Hier würde der BGH gern dieselben Regeln anwenden. Dann müsste etwa die niederländische Europa-Apotheek ihre Rabatte von derzeit 3 Prozent auf den Rezeptpreis stark reduzieren. Dem steht ein Urteil des Bundessozialgerichts von 2008 entgegen, wonach deutsches Preisrecht nicht für ausländische Versandapotheken gilt. Der BGH hat im Fall der Europa-Apotheek den Gemeinsamen Senat der obersten Bundesgerichte um eine Entscheidung gebeten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!