BEIM BAUKONZERN HOLZMANN GIBT ES WIEDER HOHE VERLUSTE: Der Kanzler braucht die Banken
Nun fährt die Philipp Holzmann AG wieder wachsende Verluste ein. Dabei wurde der Baukonzern doch 1999 medienwirksam vom Kanzler mit Bundesmitteln in Höhe von 250 Millionen Mark gerettet. Gerhard Schröder äußert sich nicht exakt dazu, ob er im Notfall wieder in die Bundestasche greifen würde – er sieht die Zuständigkeit ausschließlich bei den Banken, sagte er gestern. Da mag der Kanzler Recht haben, denn seit der Beinahe-Pleite von damals gehört der Konzern zur Hälfte der Deutschen Bank und anderen deutschen Geldhäusern. Doch ganz so einfach kommt er natürlich nicht davon. Immerhin hat er sich damals einen Politikertraum verwirklicht: Der Kanzler kam, sah und rettete und hatte danach das Image des Machers, der weiß, was bei der Bevölkerung und der Bild-Zeitung ankommt.
Alle, die ihm Böses wollen, warten nun natürlich darauf, dass Holzmann trotz Kanzlereinsatz Pleite geht. Denn es haben ja schon immer alle gewusst, dass sich die Politik – vor allem die sozialdemokratische – nicht in die Betriebswirtschaft einmischen soll. Wenn eine Firma schlecht wirtschaftet, soll sie Pleite gehen. So ist das im Kapitalismus. Ganz so einfach ist die Lage aber auch wieder nicht. Denn die Holzmann-Arbeitsplätze sind immer noch da und die 250 Millionen vom Bund hat der Baukonzern laut eigenen Angaben noch nicht einmal angerührt. Wenn der Betonriese seine Immobilienaltlasten irgendwie loswird und die Baukonjunktur wieder anzieht, kann er es noch schaffen.
Schlechter sieht die Lage politisch oder demokratietechnisch aus: Schröder ist bei der Holzmann-Sanierung mal wieder auf das Wohlwollen der deutschen Banken angewiesen. Bisher führten seine Hinterzimmergespräche mit der deutschen Großindustrie immer zu zweifelhaften Ergebnissen, die der Bundesregierung zwar aus kurzfristigen Schwierigkeiten halfen, langfristig aber doch einen reichlich schalen Geschmack hinterlassen – man denke nur an die Senkung der Medikamentenkosten für die Krankenkassen, die der Kanzler sich von der Pharmaindustrie für läppische 400 Millionen abkaufen ließ. Hand in Hand mit den entsprechenden Gewerkschaftsbossen rücken irgendwelche Branchenführer regelmäßig beim Kanzler an und sichern sich so ihre Pfründen.
In einer großen Demokratie wie der unseren geht es natürlich nicht ohne Lobbyverbände und die Industrie war schon immer der stärkste im Land. Aber unter einer rot-grünen Regierung wäre es doch schön gewesen, wenn auch andere Interessen ein wenig mehr zum Zuge gekommen wären. Und wenn auch der Werdegang solcher Entscheidungen ähnlich hinausposaunt würde wie damals die Rettung von Holzmann. REINER METZGER
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