: BBU–Zentrale gegen Umweltdelikte
■ Neugegründete Zentralstelle soll gezielteres Vorgehen gegen Umweltdelikte ermöglichen Schwerpunkt: Atom– und Chemiewirtschaft / Tips von Bürgerinitiativen erwartet
Bonn (dpa) - Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) will mit Hilfe einer kürzlich gegründeten Zentralstelle zur Dokumentation der Umweltkriminalität gezielter gegen Umweltdelikte vorgehen. Darauf verwies sein geschäftsführendes Vorstandsmitglied, Rechtsanwalt Klaus Kall, am Dienstag vor der Presse in Bonn. Die Stelle solle den von Bürgerinitiativen gegebenen Hinweisen auf Umweltstraftaten nachgehen, strafrechtlich relevante Sachverhalte erfassen und an die zuständigen Staatsanwaltschaften weiterleiten. Kall nannte als Beispiel die Affäre um die Firma Transnuklear. Der Fall der Hanauer Atomfirmen, zu denen als Transportunternehmen auch Transnuklear gehört, sei durch den starken Druck der Bürgerinitiativen in diesem Gebiet überhaupt erst an die Öffentlichkeit gekommen. Generell habe in den vergangenen Jahren bereits eine Vielzahl von Hinwei sen aus den Bürgerinitiativen zu Strafverfahren und auch zu Verurteilungen in verschiedenen Umweltbereichen geführt. Kall betonte, der BBU sei bei der angestrebten Dokumentation der Umweltkriminalität weitgehend auf den Sachverstand der über 1.000 Bürgerinitiativen angewiesen. Die Zentralstelle soll laut Kall die Einzelheiten möglicher Umweltstraftaten erfassen, die aus den Genehmigungsverfahren der jeweiligen Projekte bekannten Daten auswerten, ein Register der Verantwortlichen anlegen sowie wirtschaftliche und organisatorische Strukturen der einzelnen Unternehmen offenlegen. In einem „Pool“ arbeiten derzeit bereits rund 50 Rechtsanwälte auf dem Gebiet von Umweltdelikten nach Angaben Kalls zusammen. Nach dem Jahresbericht 1986 des Umweltbundesamtes hat sich das Ausmaß der erfaßten Umweltkriminalität aufgrund gestiegener Anzeigen weiter vergrößert. 1986 wurden insgesamt 14.853 Umweltschutzdelikte registriert im Vergleich zu 12.875 im Jahr zuvor. Allerdings überwog die Einstellquote der Staatsanwaltschaften in diesen Fällen mit 75,1 Prozent bei weitem diejenige im Bereich allgemeiner Strafdelikte (29,4 Prozent). Freisprüche und Einstellungen überwogen laut Umweltbundesamt mit 80 Prozent auch auf der gerichtlichen Ebene. Vor dem Hintergrund der jüngsten Umweltskandale hat der Unions–Obmann im Rechtsausschuß, Erwin Marschewski (CDU), eine Verschärfung des Umweltstrafrechts gefordert. Nach den Vorstellungen Marschewskis sollte vor allem die Möglichkeit einer lückenlosen Gewinnabschöpfung bei Umweltdelikten geschaffen und der Nachweis der strafrechtlichen Verantwortlichkeit bei Personenvereinigungen und juristischen Personen erleichtert werden.
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