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BASEBALLZum Durchstarten fehlt ein Joe DiMaggio

Die Berliner Vereine dümpeln ein wenig vor sich hin - mangels Platz und Popularität.

Die amerikanische Major League Baseball (MLB) hatte ihren Besuch angekündigt. Wer sich am Freitag am Potsdamer Platz nach einem Repräsentanten der erfolgreichsten und profitabelsten Baseball-Liga der Welt erkundigte, der wurde auf einen jungen schmächtigen Mann verwiesen, auf dessen rotem T-Shirt der Name Rich prangte. "Ich vertrete hier die Major League", sagte Rich, der in Wirklichkeit Richard heißt. Richard Hilgart ist als Event Manager im Auftrag einer Agentur in Bad Nauheim tätig. Aktive aus den Berliner Baseballvereinen lehrten die neugierigen Passanten die Grundtechniken des Baseballs: Richtig werfen, fangen und den Ball mit dem Baseballschläger schlagen.

Als "Roadshow" wurde das Ganze deklariert. Berlin war dabei nur eine Zwischenstation auf der Tour durch mehrere deutsche Städte, an deren Ende Stuttgart steht, wo nächsten Freitag die Baseball-Europameisterschaft beginnt. Letztes Jahr, erinnerte Hilgart, wurden in Regensburg Weltmeisterschaftsvorrundenspiele ausgetragen. "Die Sportart befindet sich derzeit in Deutschland im Aufwind", sagte er. Einen niedrigen sechsstelligen Betrag lasse es sich die Major League seit fünf Jahren kosten, um Baseball hierzulande vor allem bei den Kindern populärer zu machen.

Ginge es nach Andreas Hilmer, dem Präsident des Baseball- und Softballverbands Berlin/Brandenburg (BSVBB), dann könnte man sich das Geld sparen: "Das bringt nichts. Deshalb machen wir da auch nicht mit." Mit einer solchen Veranstaltung müsste man - wie das früher einmal der Fall gewesen sei - an die Schulen gehen, aber nicht an einen touristischen Knotenpunkt der Stadt. Das diene eher der Major League und ihren Werbepartnern. Der Basecaphersteller, der alle MLB-Teams mit Mützen versorge, habe ja gerade in Berlin einen Laden eröffnet. Hilmer glaubt auch nicht, dass die letztjährige WM und die nun anstehende EM mehr als eine lokal begrenzte Wirkung erzielen können. "Um den Baseballsport in Berlin zu beleben, bräuchten wir hier ein solches Ereignis."

Als ehemaliger amerikanischer Militärstützpunkt verfügte Berlin einst über eine gute Baseball-Infrastruktur. Allein an der Goerzallee in Zehlendorf, erzählt Hilmer, haben sie nach dem Abzug der Amerikaner drei bis vier Plätze für den Wohnungsbau "plattgemacht". Auf eine große Tradition kann die deutsche Baseball-Gemeinde aber nicht verweisen. Der älteste Club der Stadt, die Berlin Sluggers, feiert Mitte August sein 25-jähriges Jubiläum. Mit dem Aufstieg in die erste Liga könnte sich der Spitzenreiter diese Saison selbst beschenken. Der schärfste Konkurrent kommt mit den SCC Challengers ebenfalls aus Berlin. Vergleichbar mit den Fußballern verfügen die Berliner Baseballspitzenclubs über ein gutes Zweitligaformat. Was von unten nachkommen kann, ist wegen der geringen Platzkapazitäten von vornherein beschränkt. Mittlerweile gibt es in der Stadt vier Plätze, die den vorgeschriebenen Maßen des nationalen Verbandes entsprechen. Insgesamt 17 Baseball-Vereine sind in Berlin eingetragen. Einige müssen noch auf den zu kleinen Fußballfeldern spielen.

Eine wundersame Karriere eines deutschen Baseball-Sportlers wie die des NBA-Basketballprofis Dirk Nowitzki könnte der Randsportart aus ihrer zu engen Zwangsjacke verhelfen. Das glauben zumindest die Träumer der Szene. Im letzten Jahr ließ in diesem Zusammenhang ein Berliner aufhorchen. Der damals erst 16-jährige Maximilian Kepler-Rozycki, der bereits mit sechs Jahren in der John-F.-Kennedyschule Baseballsport spielte, bekam beim US-Proficlub Minnesota Twins einen Vertrag inklusive eines imposanten Handgelds von 800.000 Dollar. Er wird als das größte Talent Europas gehandelt. "Schon allein das hat uns eine enorme mediale Aufmerksamkeit beschert", sagt Hilmer. Allerdings nur für ein paar Tage.

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