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BARBARA BOLLWAHN LEUCHTEN DER MENSCHHEIT Tausende VWs fürs Planetarium

Um die zunehmende Zahl von Flüchtlingen unterzubringen, wird Platz gebraucht. So soll auch das Sport- und Erholungszentrum in Berlin-Friedrichshain zur Flüchtlingsunterkunft umfunktioniert werden. Zu DDR-Zeiten war das SEZ ein Prestigeobjekt der Partei- und Staatsführung, nach der Wende stand es leer, dann verkaufte es die Stadt für einen Euro an einen Investor, der es abreißen will. Es ist einer dieser Orte im Osten, deren Geschichte im Westen fortgeschrieben wird.

Das im Christoph Links Verlag erschienene Buch „Geteilte Geschichte“ geht genau dieser Frage nach: Was wurde aus Orten, „an denen die Gemeinsamkeit in der Teilung offenkundig wurde“? 25 Jahre nach der Wiedervereinigung haben Ingolf Kern von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und der Journalist Stefan Locke 25 deutsch-deutsche Orte besucht. Schwarz-Weiß-Fotos von damals und heute illustrieren die Veränderungen.

Die Zentrale Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltungen in Salzgitter beherbergt heute ein Polizeirevier. In das Gebäude in Bonn, in dem sich die Ständige Vertretung der DDR befand, ist die Deutsche Gesellschaft für Ernährung eingezogen. Das Not­aufnahmelager in Gießen ist eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge. In der ehemaligen Fabrikantenvilla in Bautzen, wo die DDR Überläufer und Deserteure aus den Nato-Streitkräften unterbrachte, werden Hochzeiten gefeiert. Andere Orte sind untergegangen oder stehen leer.

Die Texte umfassen nicht mehr als zehn Seiten, und doch wird auch geradezu Aberwitziges erzählt. So wie die Geschichte von dem Niedersachsen, der kurz nach dem Bau der Mauer zu seinen Großeltern nach Thüringen fuhr und in einem Auffanglager für Übersiedler landete, weil er keine Aufenthaltsgenehmigung hatte. In wenigen Jahren zog er im sächsischen Pirna einen Antiquitätenhandel auf und brachte es bis zum Millionär. Heute ist in dem Antiquitätengeschäft eine Versicherungsagentur.

Oder die Geschichte vom Planeta­rium in Wolfsburg: Im Gegenzug für 10.000 Volkswagen für die DDR hatte der Arbeiter- und Bauernstaat 1983 auch einen Projektor geliefert, der sieben Jahre nach dem Mauerfall den Geist aufgab und ersetzt wurde. Der neue Projektor stammt ebenfalls aus dem einstigen Vorzeigekombinat. Er leuchtet jetzt allerdings mit einigen hundert Himmelskörpern mehr.

Die Autorin lebt als freie Schriftstellerin in Berlin

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