: Autotunnel läßt Sony »schrumpfen«
■ Sony soll für Tunnelausfahrt Grundstück verkleinern/ Ausfahrt schneidet Staatsbibliothek vom Potsdamer Platz ab/ SPD zweifelt am Tunnelprojekt
Berlin. Der geplante Tiergarten- Tunnel sorgt für Sprengstoff zwischen Senat, Sony und der SPD. Wie den zuständigen Senatsverwaltungen offenbar erst jetzt auffällt, würde das südliche Ende der Tunnelröhre am Potsdamer Platz mitten auf dem Grundstück des japanischen Multis auftauchen. Der Unterhaltungselektronik-Konzern soll deshalb zum zweiten Mal etwas von seinem ursprünglich etwa 15.000 Quadratmeter großen Grundstück an das Land Berlin zurückgeben. Doch damit wäre ein viel entscheidenderes Planungsmißgeschick noch nicht behoben: Die Ausfahrt der Autoröhre würde, ähnlich einem Wall, die Staatsbibliothek vom Potsdamer Platz trennen. Die gewünschte »Integration des Hinterlandes«, wie es Frank Bielka, Staatssekretär der Bauverwaltung gegenüber der taz ausdrückte, droht zu scheitern.
Sony soll als Gegenleistung für die gewünschte Schrumpfung ein Ersatzgrundstück erhalten. Die Finanzverwaltung suche bereits, weiß der SPD-Staatssekretär. Auf Grund der städtebaulichen Auswirkung der Tunnelausfahrt sieht Bielka allerdings »Bedarf«, die Lage der Ausfahrt neu zu überdenken. Ursprünglich sollten die Autofahrer, nachdem sie das geplante Regierungsviertel unterquert haben, am Rand des Tiergartens auftauchen, erinnert Uta- Micaela Dürig, Sprecherin der Verkehrsverwaltung.
Dann habe die SPD im Dezember vergangenen Jahres aber darauf bestanden, daß der Tiergarten vom umweltbelastenden Individualverkehr »nicht angekratzt« werde, so Dürig. Die Ausfahrt wurde auf dem Reißbrett zum Potsdamer Platz hin verschoben. Am Tiergartenrand hätte eine Ausfahrt städtebaulich Vorteile gehabt, aber ökologisch erhebliche Eingriffe mit sich gebracht. Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer (CDU) wollte sich zu dem Konflikt nicht äußern — Verkehrs- und Bauverwaltung seien zuständig.
Bei Sony heißt es wiederum, daß man zwar mit dem Senat verhandele, die für die Ausfahrt benötigte Fläche am liebsten aber behalten wolle. Das japanische Unternehmen habe schließlich schon einmal einen Teil seines Grundstücks zurückgegeben, damit die Leipziger Straße begradigt werden könne, betonte eine Mitarbeiterin. Obwohl der Finanzsenator seit Herbst vergangenen Jahres eine Ersatzfläche als Ausgleich anbieten wolle, habe er bis heute nur ein einziges Grundstück gefunden. Und bei dem habe sich herausgestellt, daß es dem Land Berlin gar nicht gehöre. Wenn nun zusätzlich auch durch die Tunnelausfahrt das restliche Grundstück verkleinert werde, verliere Sony insgesamt rund ein Drittel der ursprünglichen Fläche. Die Bedingung des Senats, daß die Japaner das historische Filmhaus am Potsdamer Platz unterbringen, könnte eventuell nicht mehr erfüllt werden.
Sollte der Senat auf eine Ausfahrt am Tiergartenrand drängen, muß er »mit unserem Widerstand rechnen«, droht Wolfgang Behrendt, umweltpolitischer Sprecher der SPD. Wenn der Regierung eine Tunnelausfahrt nur dort möglich erscheine, müsse noch einmal grundsätzlich über den Autotunnel diskutiert werden. Dirk Wildt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen