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Autonomie zwischen Stacheldraht

Das israelische Militär will den Gaza-Streifen umzäunen / In Ost-Jerusalem sind 13.000 neue israelische Wohnungen geplant / Rechte Offiziere wegen Dienstverweigerung verurteilt  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Die israelischen Behörden wollen den Gaza-Streifen in den nächsten Wochen mit einem meterhohen Zaun umgeben. Damit soll das künftig teilautonome Gebiet hermetisch von Israel abgeriegelt werden. Der Militärberichterstatter der israelischen Tageszeitung Haarez berichtete gestern, daß bereits im November ein Gitter von 61 Kilometern um das 352 Quadratkilometer große Areal gezogen werden soll. Der Zaun werde mit sechs bis sieben Toren versehen. Mindestens zwei davon sollen Palästinensern als Ein- und Ausgänge dienen, die anderen bleiben israelischen Militärs und Siedlern vorbehalten. Zudem planen die Militärs, die im Zentrum des Gaza-Streifens gelegenen jüdischen Siedlungen einzuzäunen. In dem gesamten Gebiet leben zur Zeit etwa 800.000 Palästinenser und 6.000 israelische Siedler.

Die Frage der Absicherung einzelner Siedlungen im Norden des Gaza-Streifens bleibt laut Haarez noch ungeklärt. Es wird erwogen, diese Siedlungen durch spezielle Straßenkorridore mit Israel zu verbinden. Der Grenzübergang bei Rafah nach Ägypten soll unter israelischer Überwachung bleiben. Nach den Vorstellungen der Israelis werden die palästinensischen Selbstverwaltungsbehörden keine Kontrolle über internationale Grenzübergänge bekommen. Ebenso ist Israel nicht bereit, den Palästinensern die Überwachung der Jordanbrücken zu überlassen. Im Gaza-Streifen sollen Militärs und Siedler alle Straßen uneingeschränkt befahren dürfen, die außerhalb der von Palästinensern bewohnten Städte oder Lager liegen. Die Verbindungsrouten der Militärs in dem Gebiet werden durch Wachtürme und Beobachtungsposten gesichert.

Die künftige palästinensische Polizei ist nach israelischen Vorstellungen für die Sicherheitsüberwachung jener Gebiete zuständig, „die der palästinensischen Selbstverwaltung übergeben werden sollen“. Sie wird aber keine Kontrolle über die Zugänge zum Gaza-Streifen erhalten. Die israelische Armee will die „grünen Linien“ zwischen dem israelischen Staatsgebiet und dem Gaza-Streifen und um die Siedlungsenklaven überwachen. Dadurch sollen arabische „Infiltrationen israelischen Territoriums“ verhindert werden.

Laut dem Bericht sollen sich die israelischen Besatzungstruppen aus den von Palästinensern bewohnten Teilen des Gaza-Streifens in jene Gebiete zurückziehen, in denen Israelis wohnen. Die Kosten für die Truppenverlegungen werden mit umgerechnet 370 Millionen DM veranschlagt.

Nach den Vorstellungen des israelischen Wohnungsbauministers und Reservegenerals Benjamin Ben-Eliezer (Arbeitspartei) sollen in Ost-Jerusalem weitere 13.000 israelische Wohnungen gebaut werden.

In Ben-Eliziers Ministerium werden sowohl Pläne für die Erweiterung bereits bestehender israelischer Vororte entworfen, als auch für die Errichtung neuer Satellitenstädte. Der Ausbau betrifft auch jüdische Vorstädte, die formal nicht zu Jerusalem gehören.

Ein isrealisches Militärgericht verurteilte am Dienstag zwei rechtsradikale israelische Reserveoffiziere, weil sie es ablehnten, unter den gegenwärtigen politischen Bedingungen ihren Dienst zu leisten. Da sie das „Gaza-Jericho- Abkommen“ für „Verrat an Israel“ halten, hatten sich die beiden Soldaten geweigert, ihren Reservistenpflichten nachzukommen. Hauptmann Mordehai Karpel und der Unteroffizier Haim Nativ wurden daraufhin zu 14 und zehn Tagen Gefängnis verurteilt. Karpel erklärte zu seiner Verteidigung, er könne nicht mit einer Regierung kooperieren, „die auf israelischem Boden die Entstehung eines palästinensischen Staates vorbereitet“. Beide Veurteilten sind Siedler und Mitglieder der neuen rechtsradikalen Gruppe „Haj Vekajam“ (Lebt und Besteht). An ihrer Spitze steht Jehuda Ezion, der bereits vor 13 Jahren wegen terroristischer Aktivitäten im Gefängnis saß.

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