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Autonomie des Parlaments

■ Anti-Apartheid auf bremisch-sozialdemokratisch

Mit der Anti-Apartheid-Politik der SPD ist es ungefähr wie bei Radio Eriwan. Im Prinzip findet natürlich auch Bremens Wirtschaftssenator Uwe Beckmeyer, daß Schwarze auch Menschen sind und eigentlich wegen ihrer Hautfarbe nicht diskriminiert werden sollten. Und wenn ihn jemand fragen würde, was er von der südafrikanischen Rassenpolitik hält, würden dem Bremer Senator sicher auch ein paar passende und scharfe Takte einfallen. Aber: Deshalb auch gleich den Bremer Großmarkt auffordern, auf den Vertrieb südafrikanischer Früchte zu verzichten, möchte Beckmeyer nun doch lieber nicht. Sich's mit dem südafrikanischen Präsidenten Botha zu verscherzen, fällt einem Bremer Sozialdemokraten und obersten Wirtschaftsförderer am Platz offensichtlich allemal leichter, als sich mit den Managern eines Bremer Großbetriebs anzulegen - auch wenn da die Senatskollegen vom Innenressort im Aufsichtsrat sitzen und durchaus ein gutes Wort für ihn und gegen Südafrika einlegen könnten.

Um diese Erkenntnis reicher verließen die Mitglieder der Deputation für Wirtschaft ihre Sitzung.Die gut gemeinte Idee stammte ironischerweise ausgerechnet von der SPD-Deputierten und Bürgerschaftsabgeordneten Tine Wischer: Die Deputation solle doch einen Brief schreiben an den Bremer Großmarkt mit der Bitte, künftig auf den Handel mit Südafrika-Obst zu verzichten und dafür auch bei seinen Kunden, Bremer Supermärkten und Einzelhandelsgeschäften, werben. Unterschreiben wollte Wischer selbst, aber nicht alleine: Um dem Brief Gewicht zu verleihen, sollte außer ihr auch der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Karlheinz Schmurr als Sprecher der Deputation unterzeichnen.

Wenn schon, denn schon, gab daraufhin der CDU-Deputierte Wolfgang Schrörs eine Parole aus, die seiner Auffassung nach sozialdemokratische Konsequenz signalisiert hätte. Schrörs, der zwar wenig Sinn für Wirtschafsboykott-Maßnahmen gegen Rassismus, dafür aber umso mehr für sozialdemokratische Peinlichkeiten hat, schlug schlitzohrig vor: Um dem Brief an den Großmarkt rechten Nachdruck zu verleihen, müßte ihn eigentlich der Wirtschaftssenator als Vorsitzender der Deputation selbst unterschreiben. Ein Vorschlag, der auch beim grünen Deputierten Manfred Schramm auf spontane Zustimmung traf. Nicht so bei Uwe Beckmeyer. Der rettete sich in ein demokratisches Prinzip, das bei Bremens Sozialdemokraten ansonsten eher sparsam strapaziert wird: Die Deputation sei ein parlamentarisches Gremium, in dessen Autonomie er als Senator und Vertreter der Exekutive um Gottes willen nicht eingreifen möchte. Auch nicht durch eine Unterschrift unter einen Brief an den Großmarkt.

K.S.

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