: Autonome befürchten Krawalle in Rostock
■ »Antirassistisches Aktionsbündnis« erwartet, daß Demonstration von der Polizei vor neonazistischen Angriffen geschützt wird/ Erneut Kritik an Polizei: Linke werden länger festgehalten als Neonazis
Berlin. »Wir verurteilen die Pogrome in Rostock und sind nicht bereit, Entschuldigungsmuster für die verantwortlichen Politiker, Sympathisanten und Rechtsradikale zu akzeptieren«, sagte gestern eine Sprecherin des »Antirassistischen Aktionsbündnisses«. Das Bündnis, das sich aus antirassistischen und antifaschistischen Gruppen zusammensetzt, hatte vorgestern unter dem Motto »Stoppt die Pogrome« zu einer Demonstration am Samstag in Rostock aufgerufen. Die Kundgebung werde um 13 Uhr am Asylbewerberheim in Lichtenhagen beginnen und nach einem Marsch »quer durch Rostock« dort auch enden. »Ziel der Demo« sei es, vor Ort Solidarität mit Ausländern und Flüchtlingen in der Bundesrepublik zu zeigen. Sie fordern ein »Bleiberecht für alle in diesem reichen Land«.
Die Veranstalter rechnen mit mehr als 10.000 TeilnehmerInnen, auch ein »EmigrantInnenblock« solle mitlaufen. Der Aufruf wird von einer langen Liste gesellschaftlicher Organisationen unterstützt, darunter Gewerkschaften, Grüne, Berliner SPD und PDS.
Befürchtungen wurden laut, daß es während der Demonstration zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Rechtsradikalen kommen könne. Zwar sei es das erklärte Ziel, Zwischenfälle zu vermeiden, so eine Sprecherin, »wenn wir jedoch angegriffen werden, werden wir uns nicht hinstellen und sagen, toll«. Von der Polizei erwarte sie, daß »Nazis« ferngehalten werden. Gunnar Mächler, Sprecher der Polizeipressestelle in Rostock, sagte, daß heute an die 3.000 Beamte aus dem gesamten Bundesgebiet eingesetzt werden. »Ein logisches Prinzip« sei es, die Gruppen nicht aufeinanderstoßen zu lassen. Berliner Sicherheitsorgane rechnen mit rund 1.000 Autonomen, die heute von Berlin nach Rostock reisen. Es sei wahrscheinlich, daß Demonstranten »ganz gezielt auf Leute zugehen, die wie Neonazis aussehen«. Eine Sprecherin des »Aktionsbündnisses« erklärte, im Vorfeld der Veranstaltung werde bereits versucht, die »Demo zu diffamieren und damit eventuelle gewaltsame Ausschreitungen zu legitimieren«.
Eine Sprecherin kritisierte erneut die Festnahmen von Gegendemonstranten durch die Rostocker Polizei. Von rund 400 Festgenommenen seien 150 »AntifaschistInnen«. Zwei von ihnen, die in der Nacht zum Mittwoch bei einer Verkehrskontrolle festgenommen worden waren, berichteten gestern der taz, daß sie zusammen mit »Faschos« in eine Turnhalle gesperrt worden seien. Die hätten sie als »Kanaken und Juden« beschimpft. »Wir werden sogar noch schlechter behandelt als die Faschos«, sagte Klaus. Einer der Rechtsradikalen sei während derselben Verkehrskontrolle festgenommen worden, in seinem Kofferraum habe die Polizei Flaschenbrandsätze gefunden, und dennoch sei er am nächsten Morgen auf freien Fuß gesetzt worden. Ihre 25köpfige Gruppe sei erst nach gut dreißig Stunden dem Haftrichter vorgeführt worden. Sieben würden nach dem »Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG)« von Mecklenburg-Vorpommern noch immer festgehalten. Der Sprecher der Rostocker Polizeipressestelle wußte gestern nichts von solchen »Einzelfällen«. Er konnte lediglich bestätigen, daß etwa 30 Personen nach ASOG in Gewahrsam genommen worden seien. Damit solle »weiteren Straftaten« vorgebeugt werden, und das könne nach Landesgesetz ausgedehnt werden, bis keine Gefahr mehr bestehe. rak
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