Autonome Nationalisten wachsen an: 16 Prozent mehr rechte Straftaten
Der Anstieg rechtsextremer Gewalttaten geht im wesentlichen auf die Autonomen Nationalisten zurück - das geht aus dem neuen Verfassungsschutzbericht hervor.
Nachdem Gewerkschaften, Initiativen gegen Rechtsextremismus und Antifa-Gruppen spätestens seit 2004 davor warnen, dass das Gewaltpotenzial, das von den sogenannten Autonomen Nationalisten (AN) ausgeht, am größten ist, wird dies nun auch vom Bundesamt für Verfassungsschutz bestätigt. Und damit nicht genug: Denn sie werden nicht nur immer militanter, sondern auch immer mehr.
Die Autonomen Nationalisten seien "ein mittlerweile wichtiger und fester Bestandteil" der Neonazi-Szene, heißt es im Verfassungsschutzbericht 2008, der am Dienstag von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm vorgestellt wurde. Damit habe sich eine Strömung im Rechtsextremismus etabliert, die "ein nicht zu unterschätzendes Gewaltpotenzial" darstelle, heißt es weiter. Schäuble bestätigte, dass der dramatische Anstieg bei den rechtsextrem motivierten Gewalttaten um 6,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr im Wesentlichen auf die Autonomen Nationalisten zurückgehe. Bei den Autonomen Nationalisten handelt es sich um besonders militante Rechtsextremisten innerhalb des Neonazi-Spektrums, die bei Aufmärschen das Erscheinungsbild von linken Autonomen abgekupfert haben. 10 Prozent der bundesweit aktiven 4.800 Neonazis rechnet das Bundesamt für Verfassungsschutz inzwischen den rechten Autonomen zu. Das ist eine deutliche Steigerung: Vor zwei Jahren galten sie mit einem Potenzial von rund 200 Anhängern noch als Randerscheinung.
Die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten hat 2008 insgesamt deutlich zugenommen. Das Kölner Bundesamt registrierte einen Anstieg von fast 16 Prozent gegenüber 2007. Insgesamt zählten die Verfassungsschützer rund 19.890 rechtsextremistische Straftaten, darunter waren 1.042 mit Gewalt an Menschen verbunden.
Die meisten Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund wurden in Nordrhein-Westfalen verübt, an zweiter Stelle folgt Sachsen. Während in einigen Bundesländern wie Bayern, Bremen und auch Brandenburg die Zahlen leicht zurückgingen, verdoppelte sich die Zahl in Hamburg innerhalb von einem Jahr von 22 auf 45 Straftaten. Auch in Berlin haben die Rechtsextremisten häufiger zugeschlagen.
Trotz finanzieller Probleme und internen Personalstreits bleibt im rechtsextremen Spektrum dem Bericht nach die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) die wichtigste Partei. Die Zahl ihrer Mitglieder ist zwar leicht zurückgegangen, die Deutsche Volksunion (DVU) verzeichnete aber einen noch größeren Schwund. Insgesamt gehen die Verfassungsschutzbehörden bundesweit von einem rechtsextremistischen Personenpotenzial in Höhe von rund 30.000 Personen aus.
Kritik am Verfassungsschutzbericht äußerte Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung: "Während der Verfassungsschutz zwei Todesopfer rechter Gewalt benennt, haben wir im vergangenen Jahr bedauerlicher Weise fünf zählen müssen", sagte sie. "Das Ausmaß rechter Gewalt muss bekämpft und deren Opfer geschützt werden - ohne Zahlen zu beschönigen."
Schäuble kündigte an, dass die Innenminister von Bund und Ländern bei der nächsten Innenministerkonferenz in zwei Wochen in Bremen den Anstieg der rechtsextremen Gewalttaten zum Schwerpunktthema machen werden. Zu einem NPD-Verbot äußerte sich Schäuble erneut skeptisch. "Ich halte nichts von Verboten, die auf tönernen Füßen stehen."
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