Autonome Attacken: Farbanschläge im Dreierpack
Unbekannte werfen Farbe auf die Innenverwaltung, das Haus eines CDU-Manns und einen Buchladen. Ein Bekennerschreiben wirft allen dreien Rassismus vor.
Vor den Türstufen liegt noch eine letzte Eierschale. „Die waren mit Farbe gefüllt“, erzählen zwei Gebäudereiniger, die gerade die Fassade der Senatsverwaltung für Inneres in Mitte von roten Flecken gereinigt haben. In einem im Internet erschienenen Schreiben hat sich eine Gruppe namens „Autonome Antirassist*innen Berlin“ zu der Attacke bekannt. Auch zu den ebenfalls in der Nacht zum Mittwoch erfolgten Farbanschlägen auf das Haus des CDU-Politikers Kurt Wansner in Britz und auf einen Buchladen in Oberschöneweide, dessen Inhaber als Neonazi bezeichnet wird.
Anlass für die Attacken soll die am 17. April in München beginnende Gerichtsverhandlung über die NSU-Morde sein. „Zum Prozessbeginn haben wir das Ladengeschäft, die Landesvertretung des Verfassungsschutzes sowie das Wohnhaus des für seine rassistischen Äußerungen bekannten CDU-Politikers Kurt Wansner angegriffen bzw. markiert“, heißt es in dem Schreiben. Dem Abgeordneten Wansner, der auch Vorsitzender der CDU Friedrichshain-Kreuzberg ist, wirft das Schreiben „das bewusste Schüren rassistischer Stimmungen“ vor. Die Polizei schließt einen politischen Hintergrund nicht aus, der Staatsschutz des Landeskriminalamts ermittelt.
„Das sind ja Irre“, reagierte Wansner, der in Kreuzberg seinen Wahlkreis hat, aber im Bezirk Neukölln wohnt, gegenüber der taz. Bei ihm warfen Unbekannte nicht Eier wie vor der Innenverwaltung – dort sitzt der Verfassungsschutz –, sondern laut Wansner fünf mit roter Ölfarbe gefüllte Glühbirnen auf den weißen Putz. „Man kann ja mit mir streiten, aber dass ich auch nur im Ansatz etwas mit Rechten und mit diesen NSU-Mördern zu tun habe, das ist wirr“, sagte Wansner.
Er hatte sich in den letzten Monaten kritisch zum Flüchtlingslager auf dem Oranienplatz geäußert und die Räumung verlangt. Der Platz gehöre denen, die dort wohnen, nicht den Flüchtlingen, so Wansner. „Nein“, sagt er am Mittwoch auf die taz-Frage, ob er sich nicht zurückhaltender hätte äußern sollen, „ich hätte härter formulieren müssen.“ Statt zurückzustecken, kündigte Wansner eine Aktion seines CDU-Kreisverbands zum Oranienplatz an: „Wir werden bald Unterschriften für ein Ende des Dreckplatzes sammeln.“
Die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus stellte sich hinter Wansner. „Wir verurteilen diese feige Tat zutiefst und stehen an der Seite unseres Kollegen“, äußerte sich ihr Chef Florian Graf in einer Presseerklärung. Gewalt sei kein Mittel der politischen Auseinandersetzung. „Wir fordern daher alle demokratischen Parteien auf, sich deutlich von jeder Form des Extremismus zu distanzieren“, sagte Graf.
Die Attacke gegen Wansner erinnert daran, dass im Juni 2009 vor dem Wohnhaus seines Fraktionskollegen Robbin Juhnke zwei Autos angezündet wurden. In der Nacht zum Montag hatten Unbekannte bereits Fensterscheiben der Ausländerbehörde in Moabit beschädigt. Die Gewerkschaft der Polizei forderte darauf Objektschutz für das Gebäude. Innensenator Frank Henkel (CDU) mochte sich auf taz-Anfrage nicht zu den Farbattacken äußern.
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