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Autohersteller produzieren Schrott

Offenbar wollen die Hersteller eine Selbstverpflichtung über die Rücknahme von bis zu acht Jahre alten Autos vorlegen. Für ältere Blechkisten sollen die letzten Besitzer aufkommen  ■ Von Annette Jensen

Berlin (taz) – Die Autoindustrie hofft auf die Pappnasen. Wenn sich während der Karnevalszeit am Rhein niemand für ernsthafte Politik interessiert, will sie offenbar ihre freiwillige Selbstverpflichtung zum Autorecycling veröffentlichen. Gerüchte besagen, daß das Machwerk am kommenden Freitag bekanntgemacht werden soll. Der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) hielt sich gestern jedoch bedeckt. Und auch im Umweltministerium hatte man keine neue Kunde von den Autoherstellern.

Das Handelsblatt berichtet jedenfalls, die Autolobby sei der Regierung an einem zentralen Punkt entgegengekommen: Wer eine neue Blechkiste anschafft, soll schon zu dem Zeitpunkt für ihre spätere Verschrottung zahlen, die Autokonzerne nehmen das Altblech kostenlos ab. Bisher haben die Autohersteller stets darauf bestanden, daß die letzten Besitzer genau wie heute den Preis für die Entsorgung hinlegen sollten. „Hunderttausende Schrottmühlen wandern so ins Ausland oder werden wild am Straßenrand abgestellt“, beschreibt Burkhard Reinartz vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) die Folgen einer solchen Politik.

Für leichter recycelbare Autos wäre in Zukunft der Zuschlag für die Entsorgung niedriger. Die Autoindustrie hätte also bei einer Regelung, die den Käufer eines Neuwagens nicht belastet, keinerlei Anreiz, ihre Produkte recyclingfreundlich zu konstruieren – der Kunde hätte keinen finanziellen Vorteil von einem Auto, das nur aus wenigen, leicht trennbaren Materialien besteht.

Aber selbstverständlich gibt die Autoindustrie ihre Position nicht auf, ohne eine Hecktür eingebaut zu haben. Dem Vernehmen nach will sie nur die Blechkisten kostenlos zurücknehmen, die nicht älter als acht Jahre sind. Da aber fast kein Auto so schnell kaputt ist, würde bei älteren Fahrzeugen wieder der Letztbesitzer blechen müssen. Insofern ist das Entgegenkommen der Industrie tatsächlich nichts wert.

Für die 40 Millionen Autos, die gegenwärtig auf deutschen Straßen kurven, gilt die Rücknahmepflicht in keinem Fall. „Das ist rechtstechnisch nicht machbar. Die Industrie konnte sich ja bei der Konstruktion der Autos noch nicht auf die neuen Regelungen einstellen“, so ein Sprecher des Umweltministeriums.

Die Bündnisgrünen im Bundestag haben vor kurzem erneut den ursprünglichen Altauto-Entwurf von Exumweltminister Töpfer wieder eingebracht. Der sah noch konkrete Vorschriften vor, wieviel Kunststoff beispielsweise wiederverwendet werden müßte. Doch Angela Merkel hofft auf die Einsicht der Industrie.

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