„Auto her, oder ich leg dich um!“

■ Prozeßbeginn in Cottbus gegen vier Mitglieder der „Werwolf Jagdeinheit Senftenberg“ / Vorgeworfen wird den Angeklagten Mord und illegaler Waffenbesitz

Cottbus (taz) – In Cottbus hat gestern der Prozeß gegen vier Mitglieder der „Werwolf Jagdeinheit Senftenberg“ begonnen. Den zwischen 20 und 33 Jahre alten Angeklagten wird vorgeworfen, im Dezember 1991 gemeinschaftlich den 27jährigen Familienvater Timo K. ermordet zu haben. Zudem lautet die Anklage auf Verstoß gegen das Kriegswaffenkontroll- und das Waffengesetz.

Der Angeklagte und vermutliche Anführer der „Werwölfe“, Jens-Werner K., wurde im Rahmen einer Razzia gegen die Gruppierung im Oktober 1992 festgenommen. Bei ihm und elf weiteren Personen wurden 150 Handgranaten, Maschinenpistolen, Mannschaftszelte und Ferngläser – meist sowjetischer Herkunft – sichergestellt. Mehrere Waffen stammen von einem Berliner Flohmarkt. Zusätzlich fand die Polizei rechtsradikales Propagandamaterial. Die Angehörigen der „Werwölfe“ hatten sich vorläufige Soldbücher mit SS-Dienstgraden ausgestellt. Über einen Monat ermittelte die Generalbundesanwaltschaft erfolglos wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung.

In der polizeilichen Vernehmung gestand der 27jährige Jens- Werner K. den Mord. Die vier mit einer Maschinenpistole und Gewehren bewaffneten Männer hatten geplant, einen Lebensmittelladen in Lindchen auszurauben. Sie brauchten Geld, um bereits erhaltene Waffen zu bezahlen. Als der Laden jedoch geschlossen hatte, änderten sie den Plan. Diesmal sollte das Spielcasino „Las Vegas“ in Welzow überfallen werden. Zunächst mußte jedoch ein größeres Fluchtfahrzeug beschafft werden. Die Angeklagten täuschten auf einer Straße bei Meuro eine Panne mit ihrem Fahrzeug vor. Ein PKW hielt an, und der damals 18jährige Daniel L. forderte den Führer auf, das Fahrzeug zu verlassen. „Auto her, oder ich leg dich um“, rief L.

Als Timo K. sich weigerte, „schoß ich ihm in den Kopf“, sagte Daniel L. gestern vor dem Cottbuser Landgericht. Danach soll L. ein zweites Mal auf den Fahrzeugführer geschossen haben. Dies leugnete der Angeklagte gestern. Jens-Werner K. gestand, auf der Flucht „durch die Vordersitze hindurch“ auf das „noch zuckende“ Opfer geschossen zu haben. Anschließend wurde der PKW mit dem Erschossenen in einem Waldstück verbrannt. Mit dem Urteil wird am kommenden Montag gerechnet. Anja Sprogies