■ Querspalte: Auto contra Rad
In Berlin haben sie die „zierliche Verwaltungsangestellte Andrea K. (34) aus Charlottenburg (Mutter von zwei kleinen Kindern)“ verknackt, weil sie einen Arzt verhauen hat. Normal tut man das ja bloß, wenn man mit einem Arzt verheiratet ist. Andrea K. kannte aber den „Kinderarzt Robert L. (35, Name von der Redaktion geändert)“ überhaupt nicht. „Beide kugelten auf die Motorhaube, landeten auf der Straße“, berichtet BILD in seiner berühmten „elliptischen Syntax“ (Bimone Sorowiak, 32, Name geringfügig von mir geändert). Wie konnte es so weit kommen? Ganz einfach. Die zierliche Verwaltungsangestellte hatte ihren 3er BMW – was auch immer das ist – auf einem Radweg geparkt, als der von der Redaktion seines Namens beraubte, aber sonst leider staturmäßig überhaupt nicht erfaßte Doktor des Weges daherfuhr, und zwar auf einem Fahrrad. So weit ist es also schon: Zierliche, wenn auch sonst ganz bestimmt unnütze Verwaltungsschlampen parken mit ihren 3er BMWs die Wege voll, während die große Schar der namenlosen, wenn auch sonst ganz bestimmt hart arbeitenden Kinderärzte mit dem Veloziped unterwegs ist und dann auf solche Verbrecherschlitten drauffahren muß. Und anschließend werden diese blinden namenlosen hart arbeitenden Mitbürger von jenen Verwaltungstorten noch beschimpft: „So dick biste doch nicht, daß du nicht vorbeikommst“, und verprügelt. Der Richter: „Haben Sie den Mann nun vom Rad gehauen?“ Andrea: „Ein bißchen. Weil er mein Auto angefahren und mich beleidigt hat.“ Der Akademiker hinwiederum auf die Frage, ob er so etwas von einer Frau erwartet habe: „Bei einem Mann hätte ich einen größeren Bogen drum rum gemacht.“ Drum rum sagt dann auch der Richter: „Jetzt haben Sie wenigstens eine richtig emanzipierte Frau kennengelernt.“ Auch wieder wahr. Eigentlich bin ich genauso. Ich lasse mich auch nicht anfahren und dann noch mein Auto beleidigen. Das fehlte noch. Fanny Müller
22, blond, Alter und Aussehen von der Redaktion geändert
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