: Auszug aus dem Schreiben der Gründungsinitiative
Uns ist bewußt, daß wir mit dieser Initiative ein hochsensibles Feld der politischen Auseinandersetzung betreten und daß wir bei manchen möglicherweise Mißverständnisse provozieren. Und doch meinen wir, daß eine Stiftung als Ausdruck des „anderen Deutschland“, als Gegengewicht zu den etablierten Stiftungen anderer Parteien, auch als Chance für Austausch und Entfaltung des sogenannten alternativen Teils unserer Gesellschaft längst überfällig ist. Der Name Heinrich Böll verkörpert dabei all das, was uns an einer solchen Stiftung wichtig ist: Zivilcourage; das Schwimmen gegen den herrschenden Strom; das Wagnis, Utopien nicht zur zu denken, sondern an ihrer gewaltfreien Verwirklichung zu arbeiten; das Streben nach sozialer Gerechtigkeit im nationalen wie im internationalen Maßstab; der umfassende Begriff einer befreienden Kultur; die Freiheit von ideologischen und konfessionellen Ketten. Mit dem Namen Heinrich Böll verbindet sich für uns die Einsicht in die Notwendigkeit einer Phase der Umkehr - weg vom Profitdenken gegenüber den Menschen, der Landschaft und den Elementen Wasser, Luft und Erde. Natürlich hat der Zeitpunkt unserer Initiative mit dem Karlsruher Urteil vom 14. Juli 1986 zu tun: An diesem Tag wies das Bundesverfassungsgericht die Klage der GRÜNEN vom Januar 1983, die sich im wesentlichen gegen die den etablierten Stiftungen gewährten „Globalzuschüsse zur gesellschaftspolitischen und demokratischen Bildungsarbeit“ richtete, einstimmig ab; die Entscheidungsgründe sind diesem Schreiben zur Information beigefügt. Nach ihnen gibt es zwei - sich eigentlich widersprechende - Kriterien für die Förderung einer Stiftung aus dem Bundeshaushalt: Sie muß - einer Partei, genauer: einer „dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmung in der Bundesrepublik Deutschland“ nahestehen und gleichzeitig - „rechtlich und tatsächlich unabhängig“ von dieser Partei sein, das heißt, „sich selbständig, eigenverantwortlich und in geistiger Offenheit (ihrer) Aufgabe annehmen ..., auch in der Praxis die gebotene Distanz zu der jeweiligen Partei wahren und dem auch bei der Besetzung ihrer Führungsgremien hinreichend Rechnung tragen“. In diesem Sinne regen wir die Gründung einer unabhängigen Stiftung an, die von ihren Inhalten und Absichten her den GRÜNEN nahesteht. Beide Kriterien müssen in einem strikten Sinn, also nicht nur verbal oder mit Augenzwinkern, erfüllt werden. Zum einen haben wir die Vorstellung, daß sich die Initiative an die GRÜNEN wendet - mit dem Ziel der Übereinstimmung, daß sie und die künftige Heinrich–Böll–Stiftung sich „nahestehen“. Zum anderen wird die notwendige Unabhängigkeit gewährleistet durch die Menschen, die mitwirken, durch Programm und Satzung und nicht zuletzt durch die Verpflichtung, die mit dem Namen Heinrich Böll verbunden ist. Annemarie Böll, Rene Böll, Lukas Beckmann, Robert Jungk, Lew Kopelew, Christa Nickels, Otto Schily, Dorothee Sölle, Michael Vesper, Walter Warnach
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