: Austern-Rock in Fishtown
■ Fünf Briten von der „Qyster Band“ präsentieren heute beim Bremerhavener Stadtfest ländlich-sittlichen Ethno-Beat Marke Thatcher: Melodeonklänge für Seemannsträume
Heimatklänge allerorten: je ferner die Herkunft, desto besser. Da hat es so manche europäische Variante entsprechend schwer, im angesagten Weltmusiktrend mitzuhalten. Canterbury ist schließlich nicht Adis Abeba.
Dabei waren es gerade britische Bands wie die Pogues und The Men they couldn't hang, die dazu beigetragen haben, daß traditonelle Elemente auch im Pop- und Rockgeschäft wieder hoffähig wurden, daß Tin Whistle, Banjo und Quetschkommode neben Drums, E-Gitarren und Bass gleichberechtigt zum Tanze bitten. Und daß die Insel einiges zu bieten hat in Sachen Roots Music wissen zumindest die, die ihre Nase nicht erst seit gestern in den Modewind halten.
„The Oyster Band“ gehört zu den Uralt-Formationen des elekrifizierten Folks: groß geworden
im Zuge des britischen Tanzmusik-Revivals in der zweiten Hälfte der 70er Jahre, beweisen die fünf Männer spätestens seit 1986, daß man auch mit knapp vierzig noch nicht zu alt ist, um sich vom ländlich-sittlichen Flair zu lösen. Mit einem aus der Punk-bzw. New Wave Szene stammenden Drummer, einem cleveren Produzenten und der Hinwendung zu Themen, die sich mit der „dunkelgrauen Gegenwart der englischen Städte von heute“ (Melody Maker) auseinandersetzen, schaffte das Quintett zumindest in seiner Heimat auch einen Durchbruch in der Rockszene. Wo die Pogues es mit eher bierseligem Folk-Punk halten, setzt die Oyster Band auf eine Assimilation aus Folk-Roots und zeitgenössischer Rock- und Popmusik.
Für norddeutsche Schunkelmentalität und Seemannsträume
wird da schon einiges geboten werden, zumal Sänger John Jones einen Verwandten der hierzulande so beliebten Quetsche bedient: das Melodeon. Daneben sorgen vor allem Drummer Russell Lax, Bassist Ian Keary und Gitarrist Alan Prosser für den nötigen Groove, über den dann mal ein Saxophon, mal eine Geige ein solistisches I-Pünktchen tupft. Bestimmt kein schlechter Fang, den die Stadtfestmacher da an Land gezogen haben, auch wenn Austern für die Nordseeregion sicher etwas ungewöhnlich sind. Aber wenn selbst Billy Bragg sich zum Fürsprecher der Qysters aufschwingt, dann sollte für Qualität garantiert sein.
JüS
Ab ca. 21 Uhr auf dem Phillipsfeld in Bremerhaven-Lehe, zusammen mit der „Herbmann Band„
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen