Ausstellung in Neukölln: Welt aus Pappe, Welt aus Magma
Maria und Natalia Petschatnikov verwandeln die Galerie im Körnerpark in eine Felslandschaft. Im Videoraum hat das Magma einen großen Auftritt.
Die Huldufólk, die „Hidden People“ der isländischen Mythologie, hinterlassen Spuren in der Natur, von denen vielleicht gerade mal ein Hauch die Wahrnehmung ihrer Umwelt streift. Ansonsten leben die Elfen in ihrem eigenen Mikrokosmos. Das mag sicherer für sie sein, zu Sehen lassen sie sich in jedem Fall nur, wenn sie möchten.
In einen eigenen Mikro-, wenn nicht Makrokosmos haben Maria und Natalia Petschatnikov die Galerie im Körnerpark verwandelt. Eine Welt aus Pappe weitet sich durch die gesamten Räume aus, Felsen aus Papier wandern die Wände hoch, dazwischen locker gemalte Szenen, die Landschaften erahnen lassen, hier und da Schafe aus Kartonfetzen. Nichts ist zu verschnörkelt, saftiges Grün fehlt, ein paar weiße Streifen am Boden deuten eine Straße an.
Doch das Organische überwiegt, Skelette säumen die Wege, Vergangenes trifft auf einen Bauer, der zu Hause auf einem Schreibtischstuhl sitzt. Daneben flattert, zunächst im Gesamtbild kaum sichtbar, eine aufgepustete Plastiktüte über den Felsen. So wie sie hier am Platz in der Luft zu stehen scheint, kann sie der Umwelt jedenfalls nichts anhaben, keine Plastikkügelchen im Meer bilden, die den Fischen zusetzen. Der unsichtbare Luftzug hält sie in der Schwebe.
Geteilte Wahrnehmung
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Galerie im Körnerpark, Mo.–So. 10–20 Uhr, bis 22. 8., Schierker Str. 8; So., 22. 8.: 18–20 Uhr Finissage, 18:30 Uhr Führung mit den Künstlerinnen Maria & Natalia Petschatnikov
Zwischen Zwillingen soll es ja auch geteilte Wahrnehmungsfähigkeit und sogar das gleichzeitige Spüren der Gefühle der anderen Person über große Distanzen geben. Das mag ein Grund sein, warum Maria und Natalia Petschatnikov so leicht zum Titel „Hidden People“ für ihre Ausstellung fanden. Der zweite Grund war der erwähnte Landwirt, den die Petschatnikov-Zwillinge während eines Aufenthalts in Westfjords in Island kennenlernten und der von den Hidden People zu erzählen wusste. Diese kommen und gehen, so wie die Berglandschaften, die die Schwestern in einer Videoarbeit immer wieder von Neuem malen, nur damit sie wieder verschwinden.
Am Ende der Landschaft läuft im Videoraum der kommunalen Galerie ein Film zum Projekt „From Magma to Mankind“ (2020) von Egill Sæbjörnsson. Hinter dem Vorhang schildert der Künstler seine köstlichen Überlegungen zu Magma als neuem Urstoff, mit dem er anthropozentrische Evolutionserzählungen umschreibt. Zum weich werden diese Gesteinsschmelzen.
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