Aussöhnung auf Kosten der Opfer

Vorstände der polnischen Zwangsarbeiter-Stiftung genehmigten sich illegal „Prämien“

WARSCHAU taz ■ Die ehemaligen Zwangsarbeiter in Polen fühlen sich verraten und verkauft. Diesmal nicht von Deutschland, sondern von der Warschauer Stiftung „Deutsch-Polnische Aussöhnung“. Statt den ehemaligen Zwangsarbeitern möglichst viel Geld zukommen zu lassen, scheffelten die Vorstandsvorsitzenden in den Jahren 1998 bis 2000 möglichst viel in die eigenen Taschen. Zusätzlich zu den für Polen üppigen Gehältern von durchschnittlich 14.000 Zloty (3.500 Euro) pro Monat gönnten sich die Vorstandsmitglieder auch noch Prämien für „besonders gute Arbeit“. Zusammen knapp 100.000 Euro.

Für die ehemaligen Zwangsarbeiter, meist mit einer Rente von umgerechnet 200 Euro, kommt die Selbstbedienungsmentalität in den oberen Etagen der Stiftung purem Zynismus gleich. Aufgedeckt hat den Skandal am Montag die polnische Tageszeitung Rzeczpospolita.

Doch nicht nur die Prämien, die ein Warschauer Gericht längst als illegal verurteilte, erschüttern die Öffentlichkeit. Vor zwei Jahren hatte die deutsche Stiftung „Erinnerung – Verantwortung – Zukunft“ für Schlagzeilen gesorgt, als sie die volle Summe der Zwangsarbeiterentschädigung für Polen an nur drei Tagen umtauschte – zu einem für die Polen besonders schlechten Kurs. Eine Untersuchung der Obersten Kontrollbehörde NIK brachte nun zutage, dass der Vorstand der polnischen Stiftung die von den Deutschen zuvor erhaltenen Gelder ebenfalls umtauschte, allerdings in Euro, und in der Schweizer Bank Paribas anlegte. Durch das Hin- und Hertauschen entstand ein Verlust in Höhe von einer Million Euro.

Jan Parys, der im Jahre 2000 mit dem damaligen Vorsitzenden Jacek Turczynski das Geld in die Schweiz überwies, ist bis heute für die Finanzpolitik der Stiftung zuständig. Turczynski wechselte im April 2000 auf den Chefsessel der Polnischen Post. Nach nur einem Jahr musste er wegen „finanzieller Unregelmäßigkeiten“ wieder gehen. Als Stiftungs-Vorsitzender hatte sich Turczynski „für gute Arbeit“ Prämien von umgerechnet knapp 20.000 Euro gegönnt. Parys bekam knapp 25.000 Euro. Bislang hatte die deutsche Stiftung „Erinnerung – Verantwortung – Zukunft“ keine Einwände gegen die Höhe der Verwaltungssumme in der polnische Stiftung. Allerdings kannte sie auch den NIK-Bericht nicht, wie Johannes Bauch, Vorstandsmitglied der deutschen Stiftung, der taz gegenüber erklärt. „Wir werden das intensiv prüfen.“ GABRIELE LESSER