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Außenpolitik à la BushObamas seltsame Rechtsauffassung

Es schien als wollte Obama mit einer weiteren Bush-Entgleisung aufräumen. Doch verbannt er nur den Begriff "feindliche Kämpfer", behält aber Bushs Umgang mit Terrorverdächtigen bei.

Eben doch kein Anti-Bush: US-Präsident Obama. Bild: ap

US-Präsident Barack Obama hat in zahlreichen Fragen bereits deutlich gezeigt, dass er es ernst meint mit dem Wandel, weg von der Ideologisierung der Ära Bush hin zu einer Politik der Vernunft. Dennoch ist bereits nach 50 Tagen im Amt unübersehbar, dass die neue US-Regierung ausgerechnet bei den bürgerlichen Freiheiten, der präsidialen Machtausübung und der Garantie Verfassungsmäßiger Rechte erschreckend wenig Reformwillen demonstriert.

Zwar hatte Obama unter viel Beifall gleich am ersten Tag im Weißen Haus erklärt, das umstrittene Gefangenenlager auf Guantanamo binnen eines Jahres schließen zu wollen. Doch was danach kam, gibt wenig Anlaß zum Jubeln.

Am vergangenen Freitag erklärte Obama, dass er den bewußt verwirrenden Terminus “feindliche Kämpfer”, den sein Amtsvorgänger George W. Bush nach dem 11. September 2001 gefangenen Terrorverdächtigen verpasste, abschaffen werde. Das klang zunächst vielversprechend.

Bush hatte diesen Begriff geprägt, um mutmaßliche Terroristen entgegen internationalem Recht außerhalb des US-Territoriums zeitlich unbegrenzt und ohne Gerichtsverfahren inhaftieren zu lassen. Obamas Vorgänger argumentierte, dass die außerhalb eines klassischen "Schlachtfeldes" aufgegriffenen "feindliche Kämpfer" seien, und daher nicht von herkömmlichen Zivilgerichten innerhalb der USA zu verurteilen seien. Seine Juristen ließ Bush das Vorgehen auf Guantanamo mit der angeblichen Machtfülle eines US-Präsidenten in Kriegszeiten begründen. Dieser Schritt gilt als eine der größten Entgleisungen der Bush-Jahre.

Einen Tag später, am Samstag, veröffentlichte das Washingtoner Justizministerium dann aber eine sogeannte "Gerichtsakte", in der es bestätigte, dass der US-Präsident das Recht habe, Terrorverdächtige ohne Strafverfahren zu inhaftieren – genau wie es die Bush-Administration auslegte. Die Definition der Gefangenen, welcher sich das Justizministerium unter Obamas Justizministerium Eric Holder bediente, unterscheidet sich kaum von der der Bush-Juristen. Kurz gesagt: Obama lehnt das Konstrukt der "feindlichen Kämpfer" zwar ab, behält aber im Kern die gleiche wirre, menschenverachtende Logik im Umgang mit den Terrorverdächtigen bei.

Schon in den Wochen davor hatten die Verteidiger bürgerlicher Freiheiten und Menschenrechte schockiert, dass die Obama-Administration dekretierte, dass Gefangene im afghanischen US-Gefängnis von Bagram und in anderen geheimen CIA-Verliesen im Rest der Welt keinerlei Rechte haben, gegen ihre Gefangenschaft und den Umgang mit ihnen vor US-Gerichten zu klagen. Zudem hatte Obamas Administration die britische Regierung unter massiven Druck gesetzt, jegliche Folterbeweise unter Verschluß zu halten.

Dem vorausgegangen war das bedenklich laue Abwinken Obamas, die Vergehen der Bush-Regierung zur Anklage zu bringen. Sein deutliches Desinteresse bezieht sich dabei nicht nur auf mögliche Rechtsverstöße der Bush-Regierung bei Guantanamo, sondern auch auf die heftig kritisierte Tatsache, dass Bush im Zuge seines "Kriegs gegen den Terrors" die eigene Bevölkerung ausspionieren und abhören ließ.

Einige Demokraten wollen sich trotz der öffentlichen Ablenkung durch die Wirtschafts- und Finanzkrise jedoch nicht davon abbringen lassen, aufzudecken. Zwei Senatoren, Dianne Feinstein und Patrick Leahy, Vorsitzender des Justizausschusses, wollen sich mit Obamas Schwamm-drüber-Politik nicht abfinden und haben die Etablierung eines Untersuchungsausschusses angekündigt, der die Bush-Vergehen, vom Einmarsch in den Irak über Abhörprogramme bis hin zu Guantanamo bleuchten soll – doch selbst zahlreiche demokratische Politiker wollen, wie Obama, "lieber nach vorne schauen".

Konservative Kritiker wie Rich Lowry, Kolumnist der konservativen National Review, brandmarkte Obamas Vorgehen kürzlich als "Drei-Schritte-Manöver", welches er so erklärte: "Barack Obama hat sein Drei-Schritt-Manöver so perfektioniert, dass kein Politiker ohne Obamas rhetorische Künste und kalten Zynismus es wagen könnte, dies nachzuahmen. Erstens: Den präsidialen Vorgänger kritisieren, damit die eigene Parteibasis aufrütteln und aus der Unpopularität des Vorgängers Kapital schlagen. Zweitens: Vorgeben, man habe die Politik des Vorgängers mit einem symbolischen Akt beendet. Drittens: Eine Version der gleichen alten Politik annehmen, wissend, dass alles andere zu kompliziert und zu verantwortungslos wäre."

Während Lowry mit seiner pointierten Zusammenfassung Obama indirekt eine "verantwortungsvolle Politik" unterstellt, werfen andere Republikaner ihm vor, mit seiner bislang eher symbolischen Lockerungspolitik bereits gefährlich weit gegangen zu sein. Ex-Vizepräsident Dick Cheney, erklärtermaßen Mastermind der Bush-Politik, nutzte am Wochenende ein CNN-Interview, um allen Ernstes zu behaupten, Obama habe die USA damit "weniger sicher" gemacht.

Noch fällt es den Aktvisten schwer zu glauben, dass nach Jahren der massiven Rechtsverstöße und des Mißbrauchs der US-Verfassung ausgerechnet Obama, selbst Verfassungsrechtler, im Kern die Brandrodung bürgerlicher Freiheiten und die Geheimniskrämerei seines Vorgängers gut heißt, die Cheney sie ein weiteres Mal unverfroren verteidigte.

Kolumnisten verweisen darauf, dass es idiotisch wäre anzunehmen, Obama sei wie Bush. Mit sich selbst ringende linke Kommentatoren wie Glenn Greenwald verweisen unterdessen in ihren Blogs entmutigt auf die lichten Seiten der neuen Administration. So zum Beispiel darauf, dass Obama angeordnet habe, dass die CIA Gefangene nur noch nach den Richtlinien des “Feldhandbuchs der Armee” befragen darf, sprich Folter ausdrücklich verboten wurde und dass das Rote Kreuz nun Zutritt zu allen Gefangenen erhalten hat. Auch, dass er die Geheimgefängnisse insgeheim schließen lassen will und die Verfahren der Militärkomissionen auf Guantanamo einstellen wird, damit die Gefangenen von Strafgerichten in den USA verurteilt werden können. Doch 50 Tage Obama-Regierung und kein Schritt jenseits symbolischer Politik lassen zunehmend die Besorgnis wachsen, dass Washington sich mit kosmetischen Reparaturen begnügen will, die das Unrecht der Bush-Ära nicht wirklich beenden werden.

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4 Kommentare

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  • AH
    a. hirche

    http://video.google.de/videosearch?q=the+obama+deception&hl=de&emb=0&aq=-1&oq=#

     

    falls der link sich nicht öffnet, bei youtube nach "the obama deception" suchen, zu deutsch: der obama-betrug

     

    der film ist erstmal ziemlich unsympatisch, auch der typ, der ihn gemacht hat. ich hab ihn mir trotzdem ganz angetan.

     

    wenn nur ein paar von den fakten stimmen, die alex jones obama(weiter hinten im film) vorwirft, z.b. daß keiner seiner senatoren wirklich unabhängig ist und daß die hauptfinaziers seines wahlkampfes (wallstreet) ganz klare ziele haben, dann ist es klar, daß nicht wirklich eine änderung zu erwaten ist, leider.

     

    alter wein in neuen schläuchen...

  • M
    michaelbolz

    Wo bleiben die Buh-Rufe?

     

    Im Ernst: Wer sich bereits über jede Kleinigkeit der letzten Wochen gefreut hat, ist nichts anderes, als naiv zu nennen.

    Jedoch: Ich verstand und verstehe die Hoffnung.

     

    Es werden weiter Schritte folgen, die Gutes verheißen, Schritte, die in genau dieselbe Richtung marschieren.

    Wohin gelaufen und gerannt wird, ist klarer als Glas. Der Kapitalismus ist an noch lange keinem Ende angekommen, Veränderungen nicht konkret in Sicht - es wird also doch erst ein wenig schlimmer.

     

    Aber das ist nicht die Schuld Amerikas oder dessen Präsidenten.

    Wir ziehen alle mit am selben Strick, wer will schließlich von dem Erreichten etwas zurücktreten.

     

    Ein Bekannter, mit dem ich nicht mehr gern verkehre, brachte die esoterische Formel: Ich kaufe Samen, ich pflanze einen Baum, ich ernte die Früchte. Ich verkaufe sie und mache Gewinn. Warum nicht? Und wenn ich etwas besitze, davon sogar viel besitze, warum sollte ich es teilen? Demokratie ist ein Raubtier, ein Demokrat will mir nur wegnehmen.

    Danach berief er sich auf Jefferson und spie auf Marx, wobei er von Marx noch nichts gelesen hat.

  • A
    anke

    2920 Tage Bush haben gewisse US-Kommentatoren (vielleicht aber auch nur deren Beobachter) offenbar stärker entmutigt, als 50 Tage Obama. Da kann man mal wieder sehen, wie nachhaltig Meinungen noch sind heutzutage. Zwischen das himmelhohe Jauchzen und die Betrübnis zum Tode hat der Herr offenbar nicht mehr als 7 Wochenzeitungen gesetzt. „Obama ist doch nicht der Heiland? Was soll's? Dann schlagen wir eben ab sofort Kapital aus unserer Enttäuschung!“

     

    Man muss schon ein ziemlicher Zyniker sein um zu behaupten, es sei lediglich ein symbolischer Akt, wenn ein Präsident seinen Geheimdienst anweist, Gefangene nur noch nach Armee-Richtlinie zu befragen und dem Roten Kreuz Zutritt zu den Zellen zu gestatten. Nicht mehr gefoltert zu werden, kann schließlich lebensrettend sein für die Betroffenen und dass Geheimdienste nicht nur in den USA bisher davon ausgegangen sind, ihnen stünde das Recht auf eigene Methoden quasi naturgesetzlich zu, ist wohl allgemein bekannt.

     

    Bislang hat sich noch niemand gefunden, der den auf Guantanamo Internierten zumindest Kost und Logis angeboten hätte bis zu jenem Prozess, den man ihnen bisher so vehement verweigert hat und der nun offenbar doch Zielstellung ist. Wohin also mit den Männern? Ist Obama bereits ein Versager (wenn nihct gar ein Verräter der gerechten Sache), wenn er eine Freilassung der Bush-Gefangenen ohne Gerichtsverhandlung ablehnt, sich das Recht auf ein einstweiliges Festhalten aber von der Justiz bestätigen lässt? Hatte man dem Mann nicht vor ein paar Wochen noch (wo schon nicht einen scharfen rationalen verstand, da doch immerhin) politischen Instinkt attestiert?

     

    Was er in den ersten 50 Tagen seiner Regierung offenbar erreicht hat, ist immerhin eine Spaltung des ursprünglich recht kompakt scheinenden konservativen Lagers. Nun lassen sich Leute wie Dick Cheney, die sich von ihren Hofschranzen mit dem Titel „Mastermind“ anreden lassen müssen, weil ihnen freiwillig niemand irgend eine Form von Intelligenz attestieren würde, und Typen wie Rich Lowry, die immerhin erkennen, wann jemand zum Aushängeschild über der eigenen Ladentür taugt, von einander unterscheiden. Wenn das kein Fortschritt ist?!

     

    Die konservativen Kräfte beider Lager sind noch immer gefährlich. Sie gänzlich zu ignorieren, sollte man einem Präsidenten, der Gutes tun soll, tunlichst nicht raten. Die einzigen, die einen Vorteil davon hätten, wenn Obama auf Kosten politischer Basisarbeit Aktionismus verbreiten würde, sind diejenigen, die der Ära Bush nachtrauern, weil auch sie von Ideologisierungen gelebt haben. Die allerdings können zumindest denen unter den Guantanamo-Häftlingen herzlich egal sein, die zu Unrecht in Haft sitzen.

  • ST
    Stefan Thiesen

    50 Tage sind 50 Tage, und Obama muß mit einem Wust an Lobbyeinflüssen und ihm vorher nicht bekannten Informationen umgehen. Ein banaler Aspekt: wenn der Präsident jetzt sagt, die USA hätten illegal an einer großen Anzahl Menschen Freiheitsberaubung und Folter begangen, wären womöglich eine enorme Klagewelle und ein erheblicher Gesichtsverlust der USA - und damit seiner Regierung - die Folge. Ich spekuliere, daß man eben das vermeiden will.