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Ausschuss zu Afghanistan-AngriffDer bewaffnete Konflikt

Außenminister Westerwelle spricht von "bewaffnetem Konflikt" in Afghanistan - und Oberst Klein sagt aus, mehrere Soldaten seien in die Angriff-Entscheidung involviert gewesen.

Bunderswehr-Soldaten im "bewaffneten Konflikt". Bild: dpa

Auch die Bundesregierung ist jetzt der Ansicht, dass die Bundeswehr in Afghanistan an einem "bewaffneten Konflikt" teilnimmt. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte am Mittwoch: Der Einsatz der Isaf-Kräfte auch im Norden des Landes sei ein "bewaffneter Konflikt im Sinne des humanitären Völkerrechts". Diese Abkehr von der Regierungslinie, es handle sich bloß um einen "Stabilisierungseinsatz", hatte vor Westerwelle bereits Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) eingeläutet.

Der Außenminister warb am Mittwoch im Bundestag für die Zustimmung zu dem neu gefassten Afghanistan-Mandat. Es sieht eine Aufstockung der deutschen Truppen um 850 auf 5.350 Soldaten sowie verstärkte Ausbildung von afghanischer Armee und Polizei vor. Die SPD kündigte für die Abstimmung am 26. Februar ein verhaltenes Ja an. Die Mehrheit der Grünen wird sich wohl enthalten. Der Grüne Frithjof Schmidt sagte: "Wir unterstützen Isaf als Stabilisierungseinsatz. Aber das bedeutet nicht, dass wir widersprüchlichen Konzepten automatisch zustimmen."

Westerwelle hatte zum "bewaffneten Konflikt" gesagt: Diese Qualifizierung "hat Konsequenzen für die Handlungsbefugnisse der Soldaten, der Befehlsgebung und für die Beurteilung des Verhaltens von Soldaten in strafrechtlicher Hinsicht".

Dies betrifft auch Oberst Georg Klein, der in der Nacht auf den 4. September den Befehl zum Luftangriff auf die beiden Tanklaster und der umgebenden Menschenmenge am Kundus-Fluss gab. Klein sagte am Mittwoch ausführlich vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags aus, obwohl er dies angesichts der immer noch ausstehenden Entscheidung der Bundesanwaltschaft, ein Verfahren gegen ihn zu eröffnen, nicht musste.

Klein, so erklärten Sitzungsteilnehmer am Nachmittag, habe sich im Ausschuss klar, verantwortungsbewusst und zusammenhängend geäußert. Teils habe er vorgelesen, teils auch frei gesprochen und so Sympathie erweckt. Inhaltlich hat er dem, was in Bundeswehr- und Nato-Berichten steht, die seit dem 4. September über die Presse nach außen gesickert sind, vor allem hinzugefügt, dass mehr Soldaten in die Entscheidung involviert gewesen seien als bisher angenommen, vor allem KSK-Spezialkräfte und Angehörige der ominösen Task Force 47.

Nach Aussagen von Ausschussmitgliedern habe Klein nicht erfahren, welch große Bedenken die US-Streitkräfte gegen die Entscheidung für die Bombardierung der beiden Tanklaster gehabt hätten. Kleins letzter Satz sei gewesen: "Ich trauere um die Toten." Der SPD-Politiker Hans-Peter Bartels sagte zur taz: "Man möchte nicht in Kleins Haut gesteckt haben in jener Nacht. Es war eine tragische Situation entstanden, in der er Verantwortung hatte."

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5 Kommentare

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  • M
    Martin

    Warum nennen Sie nicht die Fakten? Die neue 'Sprachregelung' soll es einfacher und problemloser machen, Menschen zu töten, ohne jedes strafrechtliches Risiko.

  • HC
    Hella Charlot

    Nach der deutschen Geschichte ist es schon schockierend, wenn Politiker immer wieder zuforderst die, die töten lassen, bedauern. Sind die Zeiten des "Nie wieder" auf Seiten der Politik inzwischen einer fortlaufenden Formulierungsakrobatik zum Opfer gefallen?

    In Wirklichkeit wird schon lange getötet um des Tötens willen?

  • W
    Wolf

    Entscheidend ist immer die Wortwahl: man sagt nicht Krieg sondern Konflikt, man sagt nicht Neger sondern Farbiger, man sagt nicht Hartz, man sagt eher Grundeinkommen, man sagt nicht mehr wilde Ehe, sondern Lebensgemeinschaft,katholischer Mißbrauch mit Kindern ist etwas ganz anderes. Eine Frikadellenmißbrauch wird im Gesetzesbereich hoch bestraft, während hohe Banker noch einen zusätzlichen Bonus erhalten und ein hoher Steuerhinterzieher noch Geld von der Bank zurückbekommt. Entscheidend ist immer das Wort und es kommt immer darauf an, ob man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist oder gerade zur falschen Zeit am falschen Ort.

  • A
    Amos

    "Ob es uns gefällt oder nicht". Der Ausspruch eines Idioten. Früher suchte man die bewaffneten Konflikte da wo die

    Kommunisten waren-, heute da, wo die Ressourcen liegen.

    Der kapitalistische Imperialismus findet immer Konflikte. Die Konflikte werden "gebastelt"-, es sei denn alles tanzt nach der Pfeife der Plutokraten.

  • G
    gixxer

    unsere politiker würden gerne wieder krieg spielen, darum "spielen" sie mit worten und falschen tatsachen um ihre intressen durchzusetzten und die waffenexporte zu stärken dafür gehen sie über leichen