Ausschuss über Kundus-Angriff: Schneiderhan belastet Guttenberg
Ex-Generalinspekteur Schneiderhan sagt, er habe den Verteidigungsminister ausreichend über den Kundus-Luftschlag informiert. Er warnte Guttenberg vor einem schnellen Urteil.
BERLIN dpa Der frühere Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan hat Vorwürfe zurückgewiesen, das Verteidigungsministerium habe seinen Minister über den Kundus-Luftschlag im September nicht ausreichend informiert. Es sei die Aufgabe von Stäben und Abteilungen, Informationen zu verdichten, sagte er am Donnerstag im Kundus-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Zur Frage, ob "Minister" so beraten wurden, dass sie urteilsfähig waren, könne er sagen, dass das stets der Fall gewesen sei. "Das beantworte ich eindeutig mit Ja", sagte er.
Gleichzeitig wurde ein Brief von Schneiderhan an Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) bekannt, aus dem hervorgeht, dass Schneiderhan den Verteidigungsminister vor dessen erster Erklärung zum verheerenden Bombardement nahe Kundus ausdrücklich vor einem schnellen Urteil gewarnt haben will. Er habe "zu Zurückhaltung und Vorsicht geraten", zitiert die dpa aus dem Schreiben.
Bei dem Luftschlag am 4. September des vergangenen Jahres in der Nähe der afghanischen Stadt Kundus waren bis zu 142 Menschen getötet worden, darunter viele Zivilisten.
Schneiderhan und Verteidigungs-Staatssekretär Peter Wichert waren am 26. November vom neuen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg entlassen worden, weil dieser sich unzureichend über den Luftschlag informiert fühlte. Guttenberg hatte den Angriff zunächst als angemessen bezeichnet, später nahm er dieses Urteil zurück. Was ihn genau zu dem Meinungswechsel bewogen hat, ließ er offen.
Schneiderhan begrüßte die parlamentarische Untersuchung des Bombardements von Kundus. Die parlamentarische Kontrolle der Bundeswehr sei eine große Errungenschaft der deutschen Demokratie. Er habe großen Respekt vor dem "Primat der Politik".
Unmittelbar vor der Befragung eines der wichtigsten Zeugen im Kundus-Untersuchungsausschuss hatten Oppositionspolitiker die Vorwürfe gegen zu Guttenberg bekräftigt. Guttenberg habe sich widersprüchlich über Informationen durch den entlassenen Generalinspekteur Schneiderhan geäußert, sagte der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour. Guttenberg habe zunächst Schneiderhahn vorgehalten, ihm Informationen über den umstrittenen Luftangriff bei Kundus vorenthalten zu haben, später diese Vorwürfe aber abgemildert. Ähnliche Kritik äußerte Rainer Arnold von der SPD.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren