: Ausschuß-Fragen ohne Antwort
■ Ein schwacher Stadtwerke-Vorstand und ein brillianter Koschnick
Die FDP-Politikerin Annelene von Schoenfeld versuchte gestern bei der zweiten Sitzung des Untersuchungsausschusses Stadtwerke mit einer bösen Frage, der zweiten 30.000-Mark-Überweisung der Stadtwerke an die SPD aus dem Jahr 1992 auf die Spur zu kommen. Hintergrund: Über diese 30.000 Mark gibt es bisher keinerlei Unterlagen (vgl. taz 15.4.). Auch in den Buchhaltungs- Ausdrucken der Spendenzahlungen findet sich kein Hinweis auf diese Summe. Der Stadtwerke- Vorstand Fritz Sehring konnte sich das aber auch nicht erklären. „Kann es sein, daß das Geld in einem verschlossenen Umschlag an der Raststätte bei Schmidt-Grashoff übergeben wurde?“, versuchte die FDP-Abgeordnete ihn zu provozieren. Fritz Sehring meinte, er habe mit den Buchhaltungs-Fragen seines Unternehmens nichts zu tun: „Ich bin ein schlichter Techniker“. Eine Bar- Übergabe hielte er dennoch für „völlig ausgeschlossen“.
Sehring konnte auch sonst nichts zur Aufklärung beitragen. Warum im Vorstandsprotokoll vom 19.12.1991, in dem der Beschluß über eine Spende in drei Tranchen an die SPD festgehalten ist, nicht die Summe — 90.000 Mark — festgehalten worden sei, wollte der Ausschuß-Vize Niederbremer wissen. „Da können Sie ja Romane schreiben“, antwortete der Stadtwerke-Chef.
Daß die Spende zurückerbeten werden sollte, hat der Vorstand nicht brschlossen — irgendwann im Juli/August 1992 hat der Vorstandsvorsitzende Czichon das, so hatte Czichon selbst sich vage erinnert, informell in Bonn angeregt. Ausschuß-Frage an den Vorstandskollegen Sehring: „Wann haben Sie erfahren, daß das Geld zurückgefordert werden soll?“ Antwort: „Ja.“ Nachfrage, wann das denn gewesen ist. Antwort Sehring: „Im Frühjahr 1992.“ Nachfrage des CDU-Mannes Niederbremer: „Aber die das Geld ist doch erst im März 92 an die Bonner SPD geflossen.“ Sehring besinnt sich, korrigiert sich auf „erstes Halbjahr 1992“. Auch das kann nach den Aussagen Czichons kaum zutreffen.
Vor dem Stadtwerke-Vorstandsvertreter Sehring war Altbürgermeister Koschnick im Zeugenstand — hellwach, gut informiert und schlagfertig. Vergeblich versuchte der CDU-Mann im Ausschuß, Niederbremer, ihm eine Unkorrektheit nachzuweisen. Koschnick hatte 1971 im Aufsichtsrat der Stadtwerke dafür gesorgt, daß die Strompreis-Vergünstigungen für die Aufsichtsräte abgeschafft werden. Er habe das als „Beschluß“ verstanden, sagte Koschnick. Daß ein kommunales unternehmen sich mit Spenden mehr zurückhalten müsse als ein Privatunternehmen — „ganz klar“, sagt Koschnick. „Das muß jeder wissen, der mit öffentlichen Geldern umgeht.“
Koschnick zerstörte auch mit einem Federstrich die große Rechtfertigung der Stadtwerke-Vorstände für ihre einseitigen Parteispenden, nur die SPD habe das Interesse der kleinen kommunalen Stromversorger vertreten. Auch bei CDU-Kommunalvertretern gebe es da Verbündete, sagte Koschnick, und andererseits gebe es in der SPD Leute, die das Thema Energiepolitik leider ganz anders sähen.
Hat Czichon mit ihm über die SPD-Spenden geredet? Koschnick erklärt strikt, er habe mit Parteispenden nie etwas zu tun gehabt: „Mit mir hätte man nicht darüber reden können.“
Koschnick wehrt die Serie der Fragen so brilliant ab, daß die Zuhörer mehrfach beifällig lachen müssen und der Ausschuß seine Vernehmung eine Stunde früher als geplant beendet. Koschnick ist enttäuscht: „Die Leute hören mich gern.“ kw
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