piwik no script img

Ausschreitungen in HannoverKinder stürmen Bannmeile

Bei den Schülerdemonstrationen für mehr Bildung verletzten 1.200 Protestler die Verbotszone vor dem Landesparlament in Hannover: Fußtritte gegen Polizisten, Steine fliegen, Scheiben gehen zu Bruch, Polizei und Politik sind überrascht

Verletzung der Bannmeile: 1.200 Protestler überschritten die Verbotszone vor dem Landesparlament Hannover Bild: DPA

Grüne und Linken-Abgeordnete hätten "die Stimmung angeheizt und sich aktiv beteiligt", wütete Bernd Althusmann (CDU) - und drohte mit einem "politischen Nachspiel". Im, aber vor allem vor dem Hohen Haus an der Leine war soeben ein denkwürdiges Spektakel zu Ende gegangen. Ein durch Fußtritte verletzter Polizist, zwei Demonstranten in Gewahrsam, ein zerrissenes Hemd eines Linken-Mitarbeiters sowie eine von Steinen zertrümmerte Scheibe im Landtag in Hannover sind das Resultat einer aus dem Ruder gelaufenen Schülerdemonstration.

Je nach Schätzung stürmten dabei zwischen 500 und 1.200 Schüler die Bannmeile des Landtags - zur Überraschung der Polizei, die die Versammlung erst nach gut einer Stunde auflösen konnte. Mittags hatten sich nach Angaben der Ordnungshüter noch 5.000 friedliche Schüler auf dem Opernplatz zum Protestieren getroffen, kurze Zeit später bogen die Demonstranten von der geplanten Route Richtung Landtag ab. Schüler trugen "Bildungssärge" und Banner mit der Aufschrift "Bildungsterrorismus stoppen", auf denen ein von Maschinengewehren flankiertes Bild von CDU-Ministerpräsident Christian Wulff zu sehen war, viele skandierten "Wir sind friedlich - was seid ihr?"

Nicht alle Parlamentarier freuten sich über das Interesse an ihnen: "Beschämend" sei die Verletzung der Bannmeile, wütete Landtagspräsident Hermann Dinkla (CDU). Und: "Die Demonstration wird missbraucht von gewaltbereiten Gruppen."

Als die Polizei genug Kräfte beisammen hatte, kesselte sie einige der Demonstranten, dabei auch Vermummte, ein. Darunter waren aber auch kleine Kinder. Dabei kam es zu Handgreiflichkeiten. "Ich bin Abgeordnete, was haben sie diesem jungen Mann vorzuwerfen?", warf sich die Linke Kreszentia Flauger in die Bresche. Die Grüne Ina Korter forderte die Jugendlichen auf zu gehen - da war schon zum zweiten Mal die Räumung angedroht worden.

Dem Linken Patrick Humke droht nun eine Anzeige: Ein Polizist nahm seine Personalien auf, weil er angeblich handgreiflich geworden war. "Ich bin doch dazwischen gegangen, wollte deeskalieren", sagt Humke.

Am Morgen war im Landtag noch über den Sinn der bundesweiten Schüleraktion gestritten worden. Waren das Schwänzer, Randalierer oder einfach nur Bürger, die von ihrem Recht aufs Protestieren Gebrauch machen? Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) verteidigte ihre Bildungspolitik. Es sei Sache der Rektoren, zu entscheiden, ob die Schüler protestieren oder pauken durften. Die Linke warf der Ministerin Einschüchterungsversuche vor: Schüler seien vom Demonstrieren abgehalten worden.

Der FDP-Abgeordnete Björn Foersterling gab zu Bedenken, dass der Protest seine Wurzeln in Berlin habe. "Im kommenden Jahr", sagte Försterling , "hat Burundi mehr Bildungsausgaben als diese rot-rot regierte Stadt".

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!