KOMMENTAR: Ausnahmezustand
■ Bundesanwaltschaft durchsucht Wohnungen
Heute darf sich Bremen auf hohen Besuch freuen. Mehr als 100 Banker und Wirtschaftsfachleute kommen ins beschauliche Bremen, um auf dem grünen Rasen eines Golfplatzes in Garlstedt zu verschnaufen, ehe es zum IWF-Kongreß ins unruhige Berlin geht. Damit Bremen den Finanzmännern nicht ganz als verschlafene Provinz in Erinnerung bleibt, haben Anti-IWF-Gruppen um 18.00 Uhr zur munteren Begrüßung an die Hollerallee gerufen. Die genaue Ankunftszeit der Herren steht noch nicht fest.
Diese trutzige Haltung ist offensichtlich auch bis zur Bundesanwaltschaft nach Karlsruhe durchgedrungen. Prompt wurden zwei Tage vor der Demonstration sechs Bremer Wohnungen durchsucht. Da auch in den großen Ohren der Spitzel offensichtlich nichts angekommen ist, das auf geplante Gewalttätigkeiten bei dem kleinen Empfang für die Golf-Spieler schließen ließe, begründeten die Beamten die Durchsuchung der Räume mit Vorkommnissen, die fünf Monate beziehungsweise gar fünf Jahre zurückliegen. Merke: Wenn die hohen Banker golfen wollen, gilt die Unverletzlichkeit der Wohnung wenig. Der Ausnahmezustand läßt sich offensichtlich gezielt herstellen.
Holger Bruns-Kösters
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