piwik no script img

Ausländerrecht in ÖsterreichEinig nur gegen Fremde

Die österreichische Regierung hat das Ausländerrecht verschärft. Kritiker sprechen von einem Anschlag auf die Menschenrechte und die Menschenwürde.

Hoffentlich hat wenigstens sie alles im Blick: Österreichs Innenministerin Maria Fekter. Bild: reuters

WIEN taz | Für Österreichs Innenministerin Maria Fekter, ÖVP, handelt es sich um "eines der größten Reformwerke, das diese Republik mit einem Schlag beschlossen hat". Andere, wie der Anwalt Georg Bürstmayr, erkennen darin eher eine Ansammlung von Bosheiten. Die jüngste Asyl- und Fremdenrechtsnovelle wurde am Dienstag im Ministerrat beschlossen und soll nun dem Parlament vorgelegt werden.

Am Morgen davor waren etwa hundert Aktivisten dem Aufruf von SOS Mitmensch gefolgt und hatten vor dem Innenministerium in Wien unter dem Motto "Zurück an den Absender" Pakete beim Portier abgegeben. Das Fremdenrechtspaket wurde als Anschlag auf Menschenrechte und Menschenwürde nicht nur von den einschlägigen NGOs und der UNO-Flüchtlingskommission zurückgewiesen. Über alles werde in der Koalition gestritten, ätzte Diakonie-Chef Michael Chalupka, "nur wenn es gegen Fremde geht, die sich nicht wehren können und keine Stimmen bringen, sind sie sich einig".

Auch in der SPÖ und selbst bei ehemaligen ÖVP-Abgeordneten regte sich Widerstand. Um den Koalitionspartner ins Boot zu holen, ließ sich Fekter in einer nächtlichen Verhandlungsrunde einige Zugeständnisse abringen. Was viele besonders empört hatte, war die Neuerung, dass Abschiebehaft für Kinder als "Angebot" für die Eltern definiert wurde. Die Alternative: Bis zur Abschiebung müssten die Minderjährigen dem Jugendamt übergeben werden.

Jetzt ist vorgesehen, die Familien vor der Zwangsausreise in "familiengerechten Unterkünften" unterzubringen, die auch Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten bieten. Der Plan, die maximale Abschiebehaft von 10 auf 18 Monate zu verlängern, wird nicht verwirklicht. Die Kosten für Rechtsberatung werden vom Staat übernommen. Allerdings wählt das Innenministerium die Anwälte aus, die nicht der Verschwiegenheitspflicht unterliegen sollen.

Nicht abgehen wollte man von der unter "Mitwirkungspflicht" laufenden Internierung von Asylwerbern im Erstaufnahmezentrum. Bis die Zuständigkeit klar ist, sollen Flüchtlinge das Zentrum sieben Tage nicht verlassen dürfen. Laut Innenministerium sind im letzten Jahr 3.000 Asylwerber untergetaucht. Grünen-Chefin Eva Glawischnig findet die Novelle "niederträchtig" und Innenministerin Fekter "herzlos und hirnlos".

Die Neuerung, dass Zuwanderer vor ihrer Einreise Deutschkenntnisse erwerben müssen, dient auch für Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl vorrangig der Abwehr von Armen. Bei Fekters Hinweis, wenn kein Goethe-Institut in Reichweite sei, könnte jeder über Internet studieren, fühlt er sich "an Marie Antoinette erinnert: Sollen sie doch Kuchen essen!"

Kernstück des Pakets ist die Schaffung der Rot-Weiß-Rot-Card, die auf Drängen der Wirtschaftslobby die bisherige Quotenregelung für Zuwanderung durch ein Punktesystem ersetzt. Berufliche Qualifikation, Sprachkenntnisse und Alter spielen dabei eine Rolle. Man erwartet den Zuzug von 8.000 Fachkräften jährlich. Kritiker gehen aber davon aus, dass die Spezialisten weiter einen Bogen um Österreich machen werden, da mitreisende Ehepartner nicht automatisch eine Arbeitsgenehmigung bekommen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • ZC
    zeynep can

    Ihren Kommentar hieich zeynep geb in der türkei lebe seit 1990 in österreich habe die österreichische staatsbürgerschaft und beherrsche auch die deutsche sprache sehr gut....... habe am 14.02.2011 in der türkei mit meinem freund (türkischen staatsbürger und lebt in der türkei) geheiratet.. meine fragen sind warum kann er nicht einreisen? nur weil er noch nicht 21 ist? sind diese gesetze menschlich? warum trennt mann liebende menschen? ich bin hier aufgewachsen un kann mich in der türkei nicht mehr anpassen, aber er kann sich hier in MEINER HEIMAT ÖSTERRICH sehr wohl integrieren.... warum darf ich mein mann nich bei mir haben..????????????

  • A
    alcibiades

    Dieselbe bürgerlich verpackte Nazibande wie Geert Wilders, die dänische Regierung und ähnliche. Wie verblödet müssen eigentlich manche Leute sein, um immer wieder solche Primitivlinge zu wählen?

  • U
    Udo

    Die Pflicht von Deutschkenntnissen ist eindeutig aus Deutschland übernommen. Auch hier müssen nachziehende Ehegatten (auch die von Deutschen Staatsbürgern) aus den meisten Ländern einfache Deutschkenntnisse vorab nachweisen. Und meistens werden von den Ausländerbehörden nur Prüfungen von Goethe Instituten anerkannt, sehr lukrativ das ganze, vor allem wenn man die Durchfall- und Wiederholungsquoten der Kurse ansieht.

  • A
    arki

    Hat man sich neue Schikanen aus dem deutschen "Recht" abgekuckt.

  • LG
    lady gaylord

    oje. mir fehlen die worte.

  • H
    hopfen

    "Anwälte aus, die nicht der Verschwiegenheitspflicht unterliegen sollen."

     

    Das sind doch dann mehr Spitzel als Anwälte...zumal sie noch vom Ministerium ausgesucht werden...