piwik no script img

Ausländer versteckt

■ Im schwedischen Mellerud werden ausländische Flüchtlinge von rassistischen Gruppen terrorisiert / Behörden sind ratlos

Von Reinhard Wolff

Kassel (taz) - 15 Flüchtlinge wurden am letzten Mittwoch von der Einwandererbehörde aus dem westschwedischen Ort Mellerud evakuiert und vorübergehend an einem geheimgehaltenen Ort untergebracht. Vorausgegangen waren tagelange Angriffe durch eine rassistische Gruppe auf die Flüchtlinge und das Eingeständnis der Polizei, sie könne für die Sicherheit der vorwiegend iranischen Asylsuchenden nicht mehr garantieren. Dieser bislang einmalige Vorgang wirft Licht auf die immer deutlicher werdende Offensive rassistischer Gruppen und die Hilflosigkeit der Behörden. In der Nacht zum 1. Mai kam es zu einer heftigen Schlägerei.Die Polizei kam spät und konnte sich nur noch um eine Reihe verletzter Iraner kümmern. Zwei Nächte später wurden rassistische Parolen gesprüht, die ersten Fenster in Ausländerwohnungen gingen zu Bruch. Dies wiederholte sich bisher jede Nacht. Die Ausländerfeindlichkeit wächst in Schweden. Im April konnte die neugegründete rassistische Schwedenpartei in der Stockholmer U–Bahn zur publikumsreichsten Zeit ihre Pamphlete verteilen. Trotz Protesten aus der Bevölkerung griff die Polizei nicht ein. Der Verkehr wurde nicht behindert, die Meinungsfreiheit gehe vor. Eine Gruppe von etwa 150 Leuten der Organisation „Stoppt den Rassismus“ nahm sich des Problems deshalb selbst an und behindert seit Anfang Mai die Propagandaaktion der Rassisten. Neben Wortwechseln und „Abdrängaktionen“ kommt es auch zu handfesten Schlägereien. „Wir wissen, daß wir das Problem des Rassismus damit nicht lösen“, meinte einer der Aktivisten im Fernsehen, „aber wir wollen zumindest verhindern, daß die Rassisten bald die Innenstadt beherrschen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen