Auskunftspflicht: Innensenator schützt NPD
Der schwarz-grüne Senat will von der Praxis der Bezirke abrücken, Auskunft über gemeldete Veranstaltungen der NPD zu geben. Der Partei könnte das nützen.
Die Hamburger Innenbehörde unter CDU-Senator Christoph Ahlhaus möchte nicht, dass die Bezirksämter weiterhin Auskunft über angemeldete politische Aktivitäten der NPD geben. Das geht aus der Antwort des schwarz-grünen Senats auf eine kleine Anfrage der Linken hervor. Die Bekanntgabe, wo und wann die NPD ihre Stände aufbauen wolle, gefährde "die öffentliche Sicherheit und Ordnung", heißt es in der Antwort.
Der Senat schließt sich damit den Bedenken des Bezirksamts Wandsbek an, das sich geweigert hatte, Informationen über NPD-Stände im Bundestagswahlkampf an das "Hamburger Bündnis gegen Rechts" herauszugeben. Bei der "Aktion Brauner Sack" hatte das Bündnis über einen SMS-Verteiler die Termine von NPD-Infoständen veröffentlicht. In der Folge gab es kaum einen Stand, der nicht von Protest begleitet wurde.
Das Bündnis nutzte bei seiner Aktion das erst im Februar dieses Jahres verabschiedete Hamburger Informationsfreiheitsgesetz, das die Auskunftspflicht des Staates ausweitet. Politische Termine, die angemeldet sind, müssen demnach bekannt gegeben werden - es sei denn, die "innere Sicherheit" ist gefährdet.
Von welcher Seite die Gefahr im Falle der NPD-Infostände droht, scheint für den schwarz-grünen Senat ausgemacht. Die Innenbehörde gehe davon aus, "dass eine solche Gefährdung vorliegt, da es in der Vergangenheit zu Übergriffen gegen Informationsstände der NPD gekommen ist", heißt es in der Antwort auf die kleine Anfrage der Linken.
Dabei hatte es bei der "Aktion Brauner Sack" gar keine Gewalttaten gegen NPD-Anhänger gegeben. Wer angriff, waren die Helfer der NPD. Am 22. August schlugen Parteifreunde auf einen farbigen Briten ein, der einen Flyer, den die Wahlkampfhelfer ihm die Hand gedrückt hatten, zerrissen hatte. Sie sprühten dem 46-Jährigen Pfefferspray ins Gesicht - vor den Augen seiner Frau und seines vierjährigen Sohnes. Am 15. August erlitt eine 43-jährige Frau bei einem Angriff von NPDlern eine Gehirnerschütterung und Prellungen. Die Ermittlungen zu den Übergriffen von Parteikameraden bei den Wahlaktionen sind noch lange nicht abgeschlossen.
"Zivilcourage vom Menschen, die sich gegen die NPD richten, versteht der Senat als Gefahr für die innere Sicherheit", sagt Christiane Schneider, innenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke. Das sei "skandalös". Mit der "rechtswidrigen Auskunftsverweigerung", so Schneider, missachte der Senat das Gesetz.
Die innenpolitische Sprecherin der GAL, Antje Möller, ist nicht minder irritiert. Die Argumentation ihres eigenen Senats könne sie "nicht nachvollziehen", erklärt Möller. "Das hieße ja zudem, das jeder öffentlicher Protest eine Störung wäre." Die Grünen wollen nun nachhaken, wie die Innenbehörde zu dieser Einschätzung kommt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen