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Ausgestreckte HandFrieden für die Schulen

SPD-Fraktionschef Michael Neumann bietet dem Senat einen Kompromiss in der Schulpolitik an, um einen Volksentscheid zu umgehen.

"Nicht schmollend in der Ecke stehen", SPD-Fraktionschef Michael Neumann. Bild: dpa

An der Hamburger SPD werde eine Lösung des Schulstreits "nicht scheitern", sagt der Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft, Michael Neumann. Einzige Voraussetzung sei die Bereitschaft aller Beteiligten, "sich zu bewegen". Nach dem im November erfolgreichen Volksbegehren gegen die Primarschulrefom des schwarz-grünen Senats müsse es im Interesse aller HamburgerInnen liegen, "dass es nicht zu einem Volksentscheid im Sommer kommt", erklärte Neumann am Montagmorgen bei einem politischen Frühstück mit Rathaus-Journalisten.

Nach ersten Gesprächen mit dem vom Senat eingesetzten Vermittler, dem Unternehmer Michael Otto, glaube er an die Chance auf einen Kompromiss, so Neumann weiter. Ziel der SPD bleibe es, "einen dauerhaften Schulfrieden in Hamburg" zu erreichen. Deshalb hätten Parteichef Olaf Scholz und er selbst eine Verlässlichkeit für zehn Jahre angeboten. "Wir können nicht alle paar Jahre bei jedem Regierungswechsel aus ideologischen Gründen den Schulen immer neue Reformen zumuten", sagt Neumann.

Eltern, Lehrer und Schüler bräuchten Vertrauen und langfristige Sicherheit. Wenn der Senat, die Rathaus-Opposition, die Volksinitiative und wichtige Gruppen wie Gewerkschaften oder auch die Handwerkskammer eine Einigung erzielen könnten, "muss die auch gelten und umgesetzt werden".

Suche nach Kompromiss

Die Gegner der Schulreform wollen Verhandlungen über einen Kompromiss "nur ohne Vorbedingungen" führen. "Wir werden keine stellen, aber auch keine akzeptieren", kündigte der Sprecher der Initiative, Walter Scheuerl, an.

Das Volksbegehren gegen die sechsjährigen Primarschulen und für den Erhalt des Elternwahlrechts von "Wir wollen lernen" hatten im November rund 184.000 HamburgerInnen unterschrieben - dreimal mehr als notwendig.

Bürgermeister von Beust hatte daraufhin den Unternehmer Michael Otto gebeten, als Moderator nach einer Lösung zu suchen, um einen Volksentscheid zu vermeiden.

Allerdings dürfe es nicht, wie in früheren Fällen, Lösungen mit Zustimmung der SPD geben, die dann vom Senat nicht eingehalten werden. So sei seine Fraktion bei der Finanzierung der Kindertagesstätten "nach Strich und Faden hinter die Fichte geführt" worden, klagte Neumann. Auch bei der Begrenzung der Besoldung von Managern der HSH Nordbank habe der Senat sein Wort nicht gehalten.

Trotz solcher schlechten Erfahrungen sei seine Fraktion aber bereit, eine Konsenslösung mitzutragen. "In der Politik kann man nicht schmollend in der Ecke stehen", sagte Neumann.

Sollte Vermittler Otto in der zweiten Januarhälfte nicht eine allseits akzeptierte Lösung präsentieren können, wäre der Volksentscheid im Sommer unvermeidlich. Und der könnte zum Bruch von Schwarz-Grün führen. Bei einer Niederlage des Senats in dieser vor allem für die Grünen unverzichtbaren Kernfrage "stellt sich die Koalitionsfrage", schätzt Neumann.

Offen ließ der 39-Jährige, ob er im kommenden Februar erneut kandidiert, wenn turnusmäßig nach sechs Amtsjahren der Fraktionsvorstand gewählt wird. Das sei "möglich", aber noch nicht definitiv, so Neumann. Von Gegenkandidaturen sei ihm nichts bekannt, auch habe die Fraktion "gute Arbeit in der Opposition geleistet". Beleg dafür sei die jüngst veröffentlichte Meinungsumfrage, wonach die die Hamburger SPD weit vor der Bundespartei rangiert und nur knapp hinter der CDU in der Hansestadt (siehe unten). Das sei "eine gute Ausgangsbasis" für den nächsten Bürgerschaftswahlkampf.

Ebenfalls offen ist Neumann zufolge, wen die SPD als HerausforderIn von CDU-Bürgermeister Ole von Beust nominieren wird. Etwa im Sommer 2011 werde der Landesvorsitzende Olaf Scholz "einen überzeugenden Vorschlag machen", sagt Neumann voraus. Bis dahin sei das "kein Thema".

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1 Kommentar

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  • HH
    Hergen Hillen

    Ich meine mich zu erinnern, dass vor wenigen Jahren schon einmal die Idee im Raum stand, den Hamburger Schulstreit mit einem parteiübergreifenden Runden Tisch zu lösen. Damals wurde eine solche Idee vehement von der CDU-Mehrheit ablehnt. Da nun die schwarz-grüne Koalition bei einem erfolgreichen Volksentscheid gefährdet zu sein scheint, wird ein politisches Verfahren aus der Mottenkiste reaktiviert, um vor allem die eigene Haut zu retten. Klar, dass die SPD in diesem Entscheidungsprozess auch ein Wörtchen mitreden möchte. Fast unbemerkt wird mit einem Runden Tisch einmal mehr ein Volksentscheid umgangen und auch die demokratisch gewählte Bürgerschaft hat in diesem Entscheidungsprozess nur noch eine untergeordnete Bedeutung. Sie darf die Beschlüsse dann später widerspruchslos abnicken. Mit dem Runden Tisch treten Akteure wie Michael Otto, Walter Scheuerl und wahrscheinlich auch Olaf Scholz auf die politische Bühne, die keine demokratische Legitimation haben. Langfristig wird es der politischen Kultur nicht gut tun, politische Verfahren je nach Belieben der Regierungsparteien für den eigenen Machterhalt zu verhindern, umzudeuten und zu instrumentalisieren. In diesem politischen Klima ist es geradezu ein Illusion zu erwarten, dass ein möglicher Kompromiss über die nächste Legislaturperiode Bestand hat. Schulpolitik scheint mehr ein Spielball als ein notwendiges gesellschaftliches Anliegen geworden zu sein.