: Ausgeknipst?
■ Gericht annulliert Cattenom–Genehmigung
Das Verwaltungsgericht Straßburg hat mit seinem Urteil illegale Praktiken der französischen Betreibergesellschaft EDF höchstrichterlich bestätigt. Die EDF hat - was in der Atomindustrie fast schon üblich ist - nachträglich ihr Reaktorkonzept verändert. Wer sich ein kleines Haus genehmigen läßt, sollte nachher kein großes bauen, das weiß jeder Dorf– Schultes. Cattenom wäre das erste im Bau befindliche AKW Europas, das von einem Gericht endgültig ausgeknipst würde. Es gibt also - wir ahnten es schon - noch eine letzte Instanz, die das Urteil korrigieren und die atomare Rechtsordnung wieder herstellen kann: der Conseil detat. Die Reaktorblöcke drei und vier, denen das Gericht jetzt die Genehmigung entzogen hat, sind unter Milliardenaufwand soweit fertiggebaut, daß sie in zwei Jahren in Betrieb gehen sollen. Der von ihnen erzeugte Strom soll in die Schweiz und die BRD exportiert werden, die Verträge sind ausgehandelt. Dreimal darf geraten werden, wie der französische Staatsrat angesichts dieser Fakten gegen den staatseigenen Konzern EDF entscheiden wird. Blamiert und geohrfeigt ist nach dem Straßburger Urteil nicht nur die EDF, sondern auch der deutsche Umweltminister Töpfer und die Experten der deutsch–französischen Sicherheitskommission. Gebetsmühlenhaft hatten sie die Platte des vorbildlichen Atomkomplexes Cattenom abgeleiert. Für Frankreich ist das Urteil einmalig. Hier, wo das Korrektiv der Bürgerinitiativen fehlt und die „energie nationale“ auf großzügige Grenzwerte und devote Behörden stößt, muß man sich jetzt mit lästigem Widerstand außerhalb der Grenzen herumschlagen. Wie die Franzosen damit umgehen, zeigten ihre Stellungnahmen während der letzten Pannenserie von Cattenom. Da wird gelogen, daß sich die Brennstäbe biegen... Manfred Kriener
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen