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Ausfall des RegierungschefsBerlusconi nennt Italien "Scheißland"

Er wolle sein Land, das ihn anekele, bald verlassen, sagte Silvio Berlusconi am Telefon. Jetzt beschwichtigt der Regierungschef. Es geht um Falschaussagen und mutmaßliche Erpressung.

Fühlt sich verfolgt: Silvio Berlusconi. Bild: reuters

ROM dpa | Es ist der jüngste schwere Ausfall des für grobe verbale Schnitzer bekannten Silvio Berlusconi: Der Milliardär und Regierungschef soll Italien am Telefon ein "Scheißland" genannt haben, das er in einigen Monaten verlassen wolle.

Als das abgehörte Gespräch veröffentlicht wird, versucht der Medienmogul von Paris aus noch zu beschwichtigen, wie italienische Medien am Freitag berichteten. "Das ist eine dieser Sachen, wie man sie spät abends am Telefon so sagt, wohl in einem entspannten Augenblick und mit einem Lächeln", sagte der 74-Jährige.

Der abgehörte Ausbruch des "Cavaliere" vom 13. Juli wurde an dem Tag bekannt, als ein süditalienisches Ehepaar wegen mutmaßlicher Erpressung des Regierungschefs festgenommen wurde. Der Unternehmer und seine Frau sollen von dem Medienmogul über eine halbe Million Euro für Falschaussagen eingestrichen haben. Gefahndet wird in dem Zusammenhang noch nach dem Chef einer Online-Zeitung, der sich im Ausland aufhalten soll. Mit diesem hatte Berlusconi telefoniert.

"In einigen Monaten gehe ich weg, verlasse ich dieses Scheißland, das mich anekelt, Punkt und Schluss", zitieren italienische Zeitungen am Freitag aus den Abhörprotokollen. Berlusconi, der sich seit langem von linken italienischen Richtern und Staatsanwälten verfolgt fühlt, führte dieses Gespräch am 13. Juli kurz nach 2300 Uhr. "Ich bin so transparent, so sauber in meinen Angelegenheiten (...) Die können sagen, dass ich rumbumse, das ist auch das Einzige, was sie von mir sagen können (...) Sie setzen Spione auf mich an", wird er angeblich zitiert.

Abhören ist "unterträglich"

Berlusconi, am Donnerstag noch in Paris auf der Libyen-Konferenz, hat den Berichten zufolge das Abhören seiner Telefonate am Abend dann einen "Überfall", "unerträglich" und als einen Grund genannt, warum er Italien doch nicht verlassen wolle: "Ich bleibe hier, um dieses Land zu verändern." Seit langem sucht er gesetzliche Wege, das in Italien verbreitete Abhören zu Ermittlungszwecken drastisch einzudämmen.

Berlusconis Sexskandal hat den schweren Ausrutscher des 74-jährigen Medienmoguls öffentlich gemacht: Der festgenommene Unternehmer war im Jahr 2009 als "Frauen-Beschaffer" für die Partys des Regierungschefs erstmals in die Schlagzeilen geraten. Damals hatte der heute 34-Jährige aus Bari bei einer ersten Festnahme wegen Korruption, Drogenhandels und Prostitution zugegeben, zwischen 2008 und 2009 mehr als 30 junge Frauen für Feste in den Villen des Regierungschefs in Rom und auf Sardinien organisiert zu haben.

Unter den Mädchen war das Callgirl Patrizia d'Addadario, das später über angebliche Tonbandaufnahmen aus dem Schlafzimmer Silvio Berlusconis berichtete. Sie wollte 10.000 Euro für ihre Dienste erhalten haben. Vor allem die Opposition forderte nach der Affäre den Rücktritt Berlusconis, weil er sich durch seine Skandale "erpressbar" mache. Berlusconi betritt stets, jemals für Sex bezahlt zu haben.

Nach Berichten des Wochenmagazins Panorama ermittelt die Staatsanwaltschaft von Neapel wegen "undurchsichtiger" Zahlungen über 500.000 Euro von Berlusconi an den Unternehmer. "Ich habe nichts Unrechtes getan, sondern nur einem verzweifelten Mann geholfen, ohne irgendetwas dafür zu verlangen", habe Berlusconi kommentiert. Dem Magazin zufolge erhielt der Italiener das Geld, um den bereits in mehrere Justizverfahren verwickelten Premier mit Falschaussagen aus einem noch laufenden Prozess wegen Prostitution herauszuhalten.

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5 Kommentare

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  • B
    Ballkönig

    "Berlusconi, der sich seit langem von linken italienischen Richtern und Staatsanwälten verfolgt fühlt,..."

     

    Dieser (Halb-)Satz ist sowas von falsch. Er impliziert, dass Berlusconi aus politischen Gründen verfolgt würde. Tatsächlich sind Richter und Staatsanwälte unabhängig (nicht weisungsgebunden) und Berlusconi ein Wirtschaftskrimineller. Ihr könnt doch nicht die Einschätzungen dieses Mafiosi unkommentiert übernehmen.

  • A
    A.J.F.

    Was will uns denn "von Ab schicken" (erste Kommenta) sagen?

    Ich verstehe nur Bahnhof!

    Mein Kommentar: Die Italiener schämen sich immer mehr für Berlusconi.

    Ich kann die nicht verstehen, die für diesen Menschen noch gute Worte finden.

    Die italienische Regierung ist eine Schande für Europa.

  • R
    reblek

    "13. Juli kurz nach 2300 Uhr" - 2300 Uhr ist aber wirklich sehr spät und Berlusconi war sicher müde.

    "... das Callgirl Patrizia d'Addadario, das später über angebliche Tonbandaufnahmen aus dem Schlafzimmer Silvio Berlusconis berichtete..." Niemand ist so töricht, zu erklären, sie berichte über "angebliche" Tonbandaufnahmen. Zu "angeblichen" werden diese erst durch die Interpretation von dpa. Und die taz lässt sich diese Verdrehung gefallen.

  • T
    Toby

    Wenn es den Typen nicht gäbe, müßte man ihn erfinden. Und wer sollte das noch hinbekommen, wo Fellini doch tot ist?

    Es dürfte aber selbst noch bezweifelt werden, ob es ihm schaden würde, wenn er seine Wähler geschlossen als was auch immer beschimpfen würde. Der muß so was wie eine unausweichliche, nationale Erbsünde sein. Ein Westentaschenmephistopheles, der infolge irgendeines faustschen Deals nun an den Italienern dran hängt und nicht gehen will.

     

    "Nun sag’, Arrigo, wie hast du’s mit dem Recht?

    Du bist ein herzlich guter Mann,

    Allein ich glaub’, du hält’st nicht viel davon."

  • AS
    Ab schicken

    Vor einigen Jahren wurde ein Sprachatlas vorgestellt. Ich glaube es waren auch Deutsche Forschungsinstitute beteiligt. Es gibt Sprachen mit mehr Fällen oder auch woher man eine Information hat.

    Deutschland ist (wenn ich mich recht erinnere) die einzige Sprache ohne fest vorgeschriebenen Satzbau. Es ist auch die einzige oder eine der wenigen Sprachen wo man Substantiv-Ketten bilden kann. "Scheiss-Land" geht in vielen Sprachen also gar nicht.

     

    "beschissenes Land" und "Scheissland" haben leicht unterschiedliche Driften bei Bedeutung.

    Spießgeselle, Kumpel, Kollege

    Handlanger, Untergebener, Weisungspflichtiger, Mitarbeiter,

    Chef, Boss, Sklaventreiber

    Berater (eigenbezeichnung), Vermittler (neutral), Zuhälter (abfällig) meinen im IT-Slang die üblichen Zwischenfirmen die IT-Dienstleister-Freiberufler (siehe da ein 3-teiliges Substantiv) über den Einkauf (nicht die Personalabteilung!) für SAP und andere Dinge (PCs aufbauen, ...) bestellen.

    Kurzum: bei Übersetzungen sollte man schwer aufpassen und per taz-Info-App (wenn ihr sowas habt) italiener befragen und clevere italienische Kids machen vielleicht bessere Vorschläge bzw. einer findet Vergleichsformulierungen um die mögliche bzw. korrektere 'Drift' zu erkennen.

     

    Schröder, von und zu und noch ein von und Evangelen-Chefin und Joschka und natürlich Richter Gnadenlos usw. wohnen ja auch nicht mehr (nennenswert) hier... . Da haben sie aber ein lebenswertes Land unter ihrer Regierung geschaffen.... .

     

    beschissenes Land und Scheissland sind halt unterschiedlich und meinen vielleicht nur die Strukturen oder die Presse die mehr aufdeckt als hier. Grüne Minister jammern ja auch das sie leider nichts bewegen können weil die böse EU und Verordnungen usw. sie hindern . ihre Geldflüsse offenzulegen und Transparent Politik zu betreiben ?

     

    Es handelt sich also wohl nicht um Beleidigung des Volkes. "Die Dreckskarre ist weggerutscht" fliegt man bei Formel 1 auch nicht aus dem Team. "Das Scheissspiel haben wir verloren" fliegt man auch nicht aus dem Fußballteam.

     

    Von daher sollte man sich dem Populismus under implizit unterstellten Wählerbeleidigung nicht anschliessen wie die 99% der hörigen Agentur-Copy-Paste-Presse.