Aus für Satire-Magazin: Zu bissig für den Balkan
Die kroatische Zeitschrift "Feral Tribune" steht kurz vor der Einstellung - späte Rache der Regierung für Satiren?
SPLIT taz "Mein lieben Anarchisten, Protestanten und Häretiker", beginnt der Brief eines Lesers an die kroatische Wochenzeitschrift Feral Tribune, "ich hoffe, dass ihr bald weitermachen könnt. Danke euch für 14 Jahre Licht im unmoralischen und dunklen balkanischen Tunnel." Der Leser des satirischen Blattes macht sich Sorgen. Zu Recht. Denn das seit 14 Jahren in Split erscheinende Blatt ist von der Einstellung bedroht. Es konnte schon zwei Wochen in Folge nicht erscheinen.
Wie so oft in der Geschichte von Feral Tribune hat der Staat zugeschlagen. Vorige Woche entschlossen sich die Behörden, das Konto zu sperren und 500.000 Kuna (68.000 Euro) Steuerschulden abzubuchen. Kaum war das Konto wieder eröffnet, kamen die Militärs. Und entnahmen 90.000 Kuna. Das ist die Strafe für einen verlorenen Prozess gegen die Armee. Und nun will die Finanzbehörde über eine Million Kuna eintreiben.
"Mit der Mehrwertsteuer von 22 Prozent sind wir Champions League und ihr nur Uefa-Cup", witzelt Chefredakteur Predrag Lucic. Die Tudjman-Zeit hätten sie mit Bravour überlebt, nicht aber den Werbeboykott der Firmen, trotz der für Kroatien ansehnlichen Auflage von 25.000. Regierungsfreundliche Zeitungen hätten ihre Büros immer noch in staatlichen Gebäuden und zahlten kaum Miete, die Finanzbehörden seien denen gegenüber sehr kulant, klagt er.
Mit Feral Tribune ist ein Blatt bedroht, das wie kein anderes auf dem Balkan mit der Waffe Witz und Ironie gegen nationalistische Xenophobie und Intoleranz kämpft, das Kriegsverbrechen aufdeckte und die Korruption unter die Lupe nahm. Solange der ehemalige Präsident Franjo Tudjman noch lebte, hatte die Zeitung fast jede Woche einen satirischen Knüller, der ihnen vom Präsidenten selbst als "Realsatire" geliefert wurde. Mehrmals wurden Redakteure verhaftet, die Zeitung führte und gewann unzählige Prozesse wegen Verleumdung des Staatsoberhauptes. Wurden Prozesse verloren, half die Solidarität vieler Persönlichkeiten und Institutionen aus dem westlichen Ausland. Doch seit dem Tode Tudjmans Ende 1999 fehlen die großen Reibungspunkte.
Dennoch, das Blatt hat seither versucht, sich zu erneuern, gab sich ein neues Layout und fand seinen Platz in der kroatischen Presselandschaft. Wer hinter der Aktion der Behörden eine späte Rache vermutet, liege nicht ganz falsch, heißt es aus dem Umkreis der Macher. Jetzt komme es darauf an, die europäische Öffentlichkeit zu informieren.
Ein Kroatien ohne Feral Tribune ist nur schwer vorstellbar: Wer sollte dann die 60.000 Besucher eines rechten Konzerts in Zagreb beleidigen, von denen viele ihre Hand zum Hitlergruß gehoben haben?
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