Aus für HSV-Vorstand Hoffmann: Zerrissenheit im Herzen

Der Aufsichtsrat des HSV beendet die Ära von Präsident Bernd Hoffmann und dessen Vorstandskollegin Katja Kraus. Dringende Aufgaben bleiben nun erstmal liegen.

Sind spätestens Ende 2011 weg: der HSV-Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann und Vorstandsmitglied Katja Kraus. Bild: dpa

HAMBURG taz | Der Hamburger SV steht, kaum ist die monatelange Suche nach einem Sportdirektor mit der Entscheidung für Frank Arnesen zu Ende, vor der nächsten Suche.

Die Verträge der hauptamtlichen Vorstände Bernd Hoffmann und Katja Kraus werden nicht verlängert. Dies ergab eine Abstimmung im HSV-Aufsichtsrat am Sonntag vor der 2:4-Niederlage gegen den FSV Mainz 05.

Sieben Aufsichtsräte stimmten für eine Vertragsverlängerung, fünf dagegen. Die notwendige Zweidrittelmehrheit wurde verfehlt.

Vermutlich taten die im Januar neu gewählten Aufsichtsräte - Schauspieler Marek Erhardt, Journalist Manfred Ertel, Unternehmer Jürgen Hunke sowie Volkswirt Hans-Ulrich Klüver - das, wofür sie von den HSV-Mitgliedern gewählt worden waren: Sie kickten Hoffmann und Kraus.

Hoffmann steht seit Februar 2003 an der Spitze des HSV, Kraus ist seit März 2003 Vorstand und seit Anfang 2010 Hoffmanns Stellvertreterin. Ihre Verträge laufen bis Ende 2011.

"Der Aufsichtsrat ist überzeugt, dass Bernd Hoffmann und Katja Kraus ihrer Arbeit für den HSV weiter wie bisher professionell nachkommen werden", erklärte Ernst-Otto Rieckhoff, Vorsitzender des Aufsichtsrates. Rieckhoff sagt das, weil er fürchtet, dass es so nicht kommt.

Der HSV würde damit ohne Vorstand, der für das operative Geschäft zuständig ist, dastehen.

Es ist ja nicht so, dass der HSV operativ nichts zu erledigen hat. Es gibt auslaufende Spieler-Verträge, und es steht die Frage im Raum, ob der Trainer bleibt.

Frank Arnesen, der neue Sportdirektor fängt am 1. Juli an. Arnesen, dem Aufsichtsrat von Hoffmann vorgeschlagen, weiß jetzt, auf was er sich eingelassen hat.

Die Weigerung, den Vertrag mit Hoffmann zu verlängern, ist Ausdruck der Konflikte beim HSV. Da gibt es Mitglieder, die finden Profifußball eklig.

Denen ist die Verbesserung der finanziellen Situation des HSV unter Hoffmann so egal wie die Tatsache, dass das Stadion 2017 abbezahlt ist, der Verein aus der Umklammerung des Vermarktungsvertrags mit Sportfive 2015 herauskommt.

Die lehnen das Investorenmodell mit dem Milliardär Klaus-Michel Kühne ab, der sich an Transfers beteiligte und dafür Transferrechte überschrieben bekam.

Es gibt Mitglieder, die glauben, entscheidend ist, ob und wie sie ihre Fahnen im Stadion aufhängen, und dass es einen Unterschied macht, ob sie die Mannschaft anfeuern oder nicht.

Sie suchen Kuscheligkeit und die Nähe der Spieler. Sie kritisieren Hoffmann stellvertretend für Entwicklungen des Profifußballs. Sie lehnten Hoffmanns Vorgänger Werner Hackmann ab und werden das auch bei Hoffmanns Nachfolger tun.

Außerdem gibt es die Hanseaten, für die nur zählt, wer "die Raute im Herzen" hat. Die wünschen sich Uwe Seeler als Spieler, Vorstand, Aufsichtsrat, Trainer, Greenkeeper. Dann wird alles gut.

Es gibt Mitglieder, die wollen einen Titel, weil sie glauben, Hamburg habe einen Anspruch darauf.

Die Fußballexperten werfen Hoffmann fehlenden Fußball-Sachverstand vor, die vielen Trainerentlassungen, die zu lange Suche nach einem Nachfolger für Sportchef Dietmar Beiersdorfer.

Dabei kam hier das Problem zum Ausdruck, dass es schwer ist, einen Mann zu finden, der allen passt. Eine Mischung aus "uns Uwe", Horst Hrubesch und Dietmar Beiersdorfer, die auch noch dem Springer-Verlag behagt. Der Aufsichtsrat ist Ausdruck der Zerrissenheit des Vereins.

Da sitzen Hoffmann-Befürworter, Hoffmann-Gegner, Wirtschaftsleute, Enthusiasten, Selbstdarsteller und Informanten der Springer-Blätter.

In der Kabine, sagt Trainer Armin Veh, werde nicht immer über Fußball diskutiert. Die Mannschaft bleibt von dem, was sich im Verein abspielt, nicht unberührt.

Es gibt Spieler, die genug haben von der ständigen Unruhe rund um sie. Torwart Frank Rost sagte nach dem Spiel am Sonntag, "dass es nicht einfach ist, in diesem Club zu spielen".

Das wird sich, bis eine Entscheidung über den neuen Vorstand gefallen ist, nicht ändern. Und danach vielleicht auch nicht.

Welcher Spieler kommt in dieser Situation nach Hamburg? Welche Spieler bleiben?

Wer immer noch glaubt, dass der Hamburger SV ein großer Club ist, sieht die Defizite nicht. Etwa die Betreuung ausländischer Spieler. Weil die nicht gut organisiert ist, haben viele Transfers südamerikanischer Spieler nicht funktioniert.

Innenverteidiger Alex Silva, Ablöse 13 Millionen Euro, spielt wieder für den FC São Paulo, an den ihn der HSV, bei dem er noch einen Vertrag bis Juli 2013 hat, ausgeliehen hat.

Er macht eine ausgezeichnete Saison und möchte nicht zurück. Integration ist nicht einfach. Der nächste Spieler, der daran zu scheitern scheint, ist der talentierte Eljero Elja. Der HSV ist zehn Jahre hinter anderen Clubs her.

Viele Aufgaben für den neuen Vorstand und Sportdirektor Arnesen. Ein Kandidat für die Hoffmann-Nachfolge ist der Norweger Bjørn Gulden, 45 Jahre alt, machte in der Saison 1984/85 vier Zweitligaspiele für den 1. FC Nürnberg, ging zurück zu Strømsgodset Drammen.

Heute ist Gulden geschäftsführender Direktor beim Billig-Schuhhersteller Deichmann.

Der Däne Arnesen, der Norweger Gulden und im HSV-Forum wird nach "der Raute im Herzen" gefragt.

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