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Aus für Ausländerwahlrecht Karlsruhe: Wahlvolk ist deutsch

■ Bundesverfassungsgericht kippt das kommunale Ausländerwahlrecht/ Fünf Millionen bleiben ohne Stimme/ Bundesregierung hoch befriedigt/ Enttäuschung bei den Betroffenen und bei der Opposition

Karlsruhe/Berlin (taz/ap) — Die rund 5 Millionen in der Bundesrepublik lebenden AusländerInnen werden auch weiterhin kein politisches Mitspracherecht bei Wahlen haben. Mit unerwartet großer Klarheit erteilte gestern das Bundesverfassungsgericht selbst der minimalsten politischen Mitwirkungsmöglichkeit, dem kommunalen Ausländerwahlrecht, eine deutliche Absage. Ein kommunales Wahlrecht für AusländerInnen sei verfassungswidrig, denn laut Grundgesetz gehe die Staatsgewalt vom Volke und dieses Volk, so lautet der Kernpunkt des einstimmig gefällten Karlsruher Richterspruchs, sei eben deutsch.

Rein formal entschied das Bundesverfassungsgericht nur über die Verfassungsmäßigkeit eines kommunalen Ausländerwahlrechts in Hamburg und Schleswig- Holstein. Tatsächlich jedoch haben die Karlsruher Richter eine Grundsatzentscheidung getroffen, die das seit mehr als zehn Jahren umkämpfte Wahlrecht für die ausländische Minderheit auf unabsehbare Zeit begräbt.

So hat Berlins Bürgermeister Momper gestern bereits angekündigt, daß das erst vor kurzem auch in West-Berlin verabschiedete kommunale Ausländerwahlrecht nun nicht in Kraft treten könne. Während sich die Bundesregierung gestern über das Karlsruher Urteil hoch befriedigt zeigte, äußerten Betroffene, Oppositionsparteien und die Ausländerbeauftragte des Bundes ihr Bedauern und Unverständnis über die, wie es hieß, antiquierte und verstaubte Entscheidung, die die ohnehin Benachteiligten noch weiter benachteilige. Vage Hoffnungen gründeten sich gestern auf eine neue Verfassungsdiskussion im geeinten Deutschland und auf gesamteuropäische Regelungen, die großzügiger aussehen könnten, als die gestern vom Bundesverfassungsgericht normierten.

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