piwik no script img

Aus dem Sarg gesprungen

■ Mit einem rechten Profil entging die FDP ihrem Tod

In Gefahr und großer Not bringt der Mittelweg den Tod. Die FDP hat anscheinend Alexander Kluges programmatischen Filmtitel aus Apo-Zeiten beherzigt. Die Partei, die in der Bonner Republik zum Synonym der politischen Mitte geworden war, hat in den letzten Monaten ihre politischen Aussagen eingegrenzt und dabei einen Schwenk nach rechts vollzogen – und Erfolg gehabt. Ein Erfolg, der um so gewichtiger ausfällt, als vorab bereits der Klassenerhalt, ein Ergebnis oberhalb der fünf Prozent, als Wahlziel definiert worden war. Ein Erfolg, der um so beeindruckender ist, als der rapide Verfall der letzten zwei Jahre gestoppt scheint.

Relativ weit über fünf Prozent sicher in zwei Bundesländern und Präsenz in der Bundesregierung, das reicht, um den Eindruck aufrechtzuerhalten, es handele sich um eine wenn schon nicht intakte, so doch reanimationsfähige Partei. Die Fortführung der Koalition in Mainz und eine mögliche Koalition in Stuttgart, damit allein läßt sich zwar noch kein Staat wieder machen, aber darauf läßt sich Hoffnung bauen. So schlecht es um die FDP insgesamt steht, es wird mit ihr weiterhin zu rechnen sein. Die Regierung in Bonn ist stabilisiert, sie ruht wieder auf Koalitions- Parteien . Zwar wird die FDP jetzt verstärkt zur Eigenprofilierung für die Senkung der Steuern und Abgaben streiten. Doch sie hat zur Koalition keine Alternative, deshalb drohen der CDU/CSU allenfalls Konflikte nur in dem von ihr gestatteten Maße. Wortbrüchigkeit wird also auch künftig ein Markenzeichen freidemokratischer Politik sein.

Die FDP, die dieses Ergebnis erzielte, ist eine rechte Partei, keine rechtspopulistische, sondern eine sozialdarwinistische, eine, die eine Unterscheidung trifft zwischen Leistungsträgern und Kostgängern der Gesellschaft und dabei keinen Zweifel läßt, wem ihre Zuneigung gilt. Sie hat ihren Erfolg mit der eindeutigen Parole der Steuersenkung und dem klaren Feindbild Rot-Grün erzielt. Das Ergebnis ist vor allem ein Sieg Westerwelles, von dem die programmatischen Vorgaben stammen. Der Richtungsstreit innerhalb der FDP dürfte damit erledigt, was sich einst Linksliberalismus nannte vorläufig heimatlos sein. Ein Wachstumspotential der Grünen in ideologischer wie wahlarithmetischer Hinsicht. Dieter Rulff

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen