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Bibliothek des KonservatismusAus dem Katalog gestrichen

Der Gemeinsame Bibliotheksverbund hat der Bibliothek des Konservatismus zum Jahresende gekündigt. Die Rechten raunen von „Säuberungen“.

Es gibt Bücher, die nicht klüger machen Foto: Hermann Bredehorst/polaris/laif
Nicolai Kary

Aus Berlin

Nicolai Kary

Noch ist die Büchersuche am rechten Rand auf der Website der Bibliothek der Konservatismus (BdK) über einen Online-Katalog ganz bequem möglich. Von Büchern rechtsextremer Verlage wie etwa dem Jungeuropa- oder dem Antaios-Verlag von Götz Kubitschek ist man hier nur wenige Mausklicks entfernt. Auch antifeministische Bücher zum „Lebensschutz“ finden sich in der BdK, und solche, die man der sogenannten „Konservativen Revolution“ zurechnet. Doch der Online-Katalog für die BdK dürfte schon bald wegfallen. Wie kürzlich bekannt wurde, hat der Gemeinsame Bibliotheksverbund (GBV) der rechten Bibliothek gekündigt.

Der GBV ist ein Zusammenschluss nord- und ostdeutscher Bibliotheken. Der Verbund stellt Bibliotheken etwa die Katalogisierung und das Hosting von Bibliothekssystemen bereit. Auch die rechte Bibliothek nutzt bisher den Hosting-Service für das Bibliothekssystem, über das vorhandene Literatur online organisiert und verwaltet wird. Nun wurde der Vertrag durch den Bibliotheksverbund zum Ende des Jahres gekündigt. Die Kündigung sei auf „einstimmigen Beschluss durch die Verbundleitung“ erfolgt, teilte der GBV auf eine taz-Anfrage mit. Zu den Beweggründen für die Entscheidung machte man beim Verbund jedoch keine Angaben.

In den vergangenen Tagen jazzten rechte Medien die Kündigung der BdK kräftig hoch. Einige Autoren schreckten dabei auch nicht davor zurück, Analogien zum Methoden des historischen Nationalsozialismus zu ziehen. „Das Bücher-Verbot kommt manchmal auf leisen Sohlen“, meint ein Autor von Nius. Auf der Plattform Publikum schrieb ein Autor im Zusammenhang gar von einer „Säuberung des Bücherregals“. Und auch der Welt-Herausgeber Ulf Poschardt klagt über die Kündigung. In einem Meinungsartikel fantasiert er, die Bibliotheksverbände seien „allesamt im aktivistischen Kampfmodus verstrickt“.

Die Bibliothek nahe dem Bahnhof Zoo in Charlottenburg gilt als Vernetzungsort und Scharnier zwischen vermeintlich Konservativen, „Neurechten“ und Rechtsextremen. Im Jahr 2012 wurde die „Fachbibliothek“ auf Betreiben von Caspar von Schrenck-Notzing, einer zentralen Figur der sogenannten „Neuen“ Rechten, gegründet. Vorträge von rechten Rednern gehören bei der BdK genauso ins Programm wie Seminare für selbsternannte „Jungkonservative“. Auch auf der rechten Messe „Seitenwechsel“ in Halle an der Saale vor rund zwei Wochen war die BdK mit einem Stand vertreten.

Rechtes Gezeter

Ihr Leiter, Wolfgang Fenske, vermutete hinter der Kündigung „politische Beweggründe“. In der „neurechten“ Zeitschrift Junge Freiheit (JF) verglich auch er die Kündigung zudem gar mit Bücherverbrennungen: „Verbrannt werden unsere Bücher nicht, aber gelöscht“, ließ sich Fenske in der JF zitieren. Im digitalen Zeitalter seien die Konsequenzen „ähnlich“, so Fenske weiter.

Nun klagt die BdK gegen die Kündigung vor dem Verwaltungsgericht in Göttingen, wo auch der Bibliotheksverbund ansässig ist. Sollte die Kündigung vor Gericht Bestand haben, dürften sich die Auswirkungen für die Bibliothek jedoch trotzdem in Grenzen halten: Wie im letzten Jahr bekannt wurde, sind die Bücherbestände der BdK auch im Kooperativen Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg gelistet.

Berlins Grünen-Politiker Ario Mirzaie, Sprecher der Partei für Strategien gegen Rechts, begrüßt die Kündigung der Bibliothek durch den Gemeinsamen Bibliotheksverbund. „Daran muss sich der schwarz-rote Senat in Berlin ein Beispiel nehmen“, sagt er. Die Bibliothek habe auch im Kooperativen Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg (KOBV) nichts zu suchen. Im Register des KOBV sind Bestände von rund 600 Bibliotheken gelistet. Mirzaie sagt: „Die Bibliothek ist eine rechtsextreme Kaderschmiede mit akademischem Anstrich“. Der Begriff des „Konservatismus“ sei „politischer Etikettenschwindel“.

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1 Kommentar

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  • Der GBV ist eine aus Steuergeldern finanzierte (de facto) staatliche Behörde. Daraus resultieren parteiliche Neutralitätspflichten, gegen die Einstimmigkeit in der Sicht eines kleinen Leitungsgremiums nicht viel besagt. Siehe zu Büchern auch Heinrich Heine.