Aufweichung des Datenschutzes: FBI bekommt Schnüffel-Lizenz
Zugriff auf Kommunikationsdaten – ganz ohne richterliche Genehmigung. Das wünscht sich das FBI und die Obama-Regierung hat kein Problem damit.
Eigentlich hatten sich amerikanische Bürgerrechtler erhofft, dass die Obama-Regierung die strengen Sicherheitsgesetze von Amtsvorgänger George Bush korrigiert oder gar zurücknimmt. Doch dazu scheint es nicht zu kommen – im Gegenteil: Wie nun in Washington bekannt wurde, plant das Weiße Haus neue, weitgehende Rechte für die US-Bundespolizei FBI.
Die Beamten sollen uneingeschränkten Zugriff auf die Online-Verkehrsdaten von Personen erhalten, die im Verdacht stehen, terroristische Aktivitäten zu planen oder mit entsprechenden Kreisen Kontakt haben. Ein richterlicher Beschluss soll dazu nicht nötig sein. Auf bloßen Verdacht lägen dann unter anderem Informationen darüber offen, wer wann mit wem E-Mails ausgetauscht hat, sowie möglicherweise auch die abgerufenen Websites im Browser des Benutzers, wie es in einem Bericht der "Washington Post" vom Donnerstag heißt.
Verkehrsdaten, die die Inhalte der Kommunikation nicht enthalten, sind für die Fahnder äußerst nützlich – so lassen sich beispielsweise Beziehungsnetzwerke aufbauen. Sie werden, zusammen mit anderen sensiblen Informationen wie den Positionsangaben von Handys, auch im Rahmen der EU-Vorratsdatenspeicherung erhoben, die das Bundesverfassungsgericht im März als teilweise als verfassungswidrig einordnete. In den USA gibt es ein solches mehrmonatiges verdachtsloses Vorhalten der Daten aller Bürger bislang noch nicht, obwohl die Exekutive bereits Interesse an dem europäischen Modell angemeldet hat.
Der Vorschlag der US-Regierung umfasst sogenannte "Transaktionsdaten elektronischer Kommunikation". Man wolle damit "technische Klarheit" in die Novellierung des "Electronic Communications Privacy Act" (ECPA), der den Schutz elektronischer Kommunikation sicherstellen soll, bringen, hieß es aus dem Justizministerium. Dass damit "neue Datenkategorien" erfasst werden, bestreitet das Ministerium. Bürgerrechtler sehen das ganz anders.
So hieß es von der American Civil Liberties Union, die Obama-Regierung rücke mit der Verschärfung "erneut von Wahlversprechen ab". Der Präsident habe versprochen, innere Sicherheit und Bürgerrechte wieder in eine Balance zu bringen. Von der Netzbürgerrechtsorganisation EFF hieß es, die Regierung habe den Begriff der "Transaktionsdaten elektronischer Kommunikation" nirgendwo näher umschrieben. Es bestehe die Gefahr, dass selbst Suchanfragen bei Google demnächst ohne richterlichen Beschluss eingesehen werden dürften.
Schon mit dem nach dem 11. September 2001 rasch verabschiedeten "PATRIOT"-Sicherheitsgesetzespaket wurden die Schnüffelmöglichkeiten der US-Behörden stark erweitert. So dürfen FBI-Agenten sogenannte "National Security Letters" (NSL) an Telekommunikationsunternehmen schicken, über die sie innerhalb kürzester Zeit an die Telefonverbindungsdaten Verdächtiger gelangen. Stewart Baker, der unter Bush im Heimatschutzministerium arbeitete und heute als Anwalt unter anderem auf Überwachungsverfahren spezialisiert ist, lobte gegenüber der "Washington Post" den Plan der Obama-Administration. "Es wird schneller und einfacher werden, an diese Daten zu gelangen." Zudem müssten Internet-Anbieter auf einen NSL zukünftig deutlich mehr Informationen herausrücken. Betroffene erfahren von solchen Auskunftsersuchen hingegen erst spät, denn die kooperierenden Unternehmen sind vom FBI zur Geheimhaltung verpflichtet.
Die Internet-Industrie ist von dem Vorstoß offenbar wenig begeistert, wie Branchenjustiziare der "Washington Post" mitteilten. Ein mit den Verfahren befasster Regierungsvertreter deutete gegenüber dem Blatt dagegen an, schon jetzt kooperierten etwa Provider von E-Mail-Dienstleistungen routinemäßig mit FBI und anderen US-Behörden.
Die Anzahl der Datenabfragen steigt stetig. So sollen von 2003 bis 2006 allein fast 200.000 NSLs verschickt worden sein. Beim US-Justizministerium kann man die Aufregung um die "Transaktionsdaten elektronischer Kommunikation" nicht verstehen. Sprecher sagten gegenüber der "Washington Post", das Abfragen von E-Mail-Adressen, mit denen ein Nutzer kommuniziert habe, entspreche den Informationen, die sich auch auf einer Telefonrechnung befänden.
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