Aufstand in Syrien: Tomaten für US-Diplomaten
Das syrische Regime verschärft seine Gangart gegen die Proteste, aber die internationale Diplomatie wird leise. Anhänger Assads bedrohen und beschimpfen den US-Botschafter.
DAMASKUS dpa | Anhänger des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad haben in Damaskus den US-Botschafter Robert Ford bedroht und beschimpft. Augenzeugen berichteten, mehr als 100 Menschen hätten sich am Donnerstag vor einem Gebäude im Stadtzentrum versammelt, in dem sich der US-Diplomat mit dem Oppositionellen Hassan Abdul Azim unterhielt.
Der Anwalt Abdul Azim sagte dpa am Telefon, die Protestierenden hätten gegen die Eingangstür des Gebäudes getrommelt und antiamerikanische Slogans gerufen. Später seien Angehörige der Sicherheitskräfte gekommen, um sie zu vertreiben. Der Botschafter konnte in sein Auto steigen, während die Meute rief: "Das Volk will die Ausweisung des Botschafters". Als Ford und seine Begleiterin losfuhren, wurde ihr Fahrzeug mit Steinen und Tomaten beworfen. Am Samstag war bereits der französische Botschafter Eric Chevalier in Damaskus Opfer einer Eierwurf-Attacke geworden.
Aktivisten berichteten außerdem, Regierungstruppen und Milizionäre hätten in der Ortschaft Al-Rastan 41 Zivilisten und einen desertierten Soldaten getötet. Die Angaben konnten nicht überprüft werden. Aus Al-Rastan in der Provinz Homs waren bereits am Mittwoch Gefechte zwischen den Truppen des Regimes und Deserteuren gemeldet worden.
Die Gegner von Präsident Baschar al-Assad haben für diesen Freitag zu einer Demonstration unter dem Motto "Erhebt Euch, Bürger von Syrien, Al-Rastan wird abgeschlachtet" aufgerufen. Fahnenflüchtige Soldaten und Einheiten der Armee sollen sich am Donnerstag auch in der Provinz Idlib heftige Gefechte geliefert haben. In der Stadt Homs sei eine 18 Jahre alte Frau erschossen worden.
Seit Beginn der Unruhen in Syrien im März sollen mehr als 3000 Menschen getötet worden sein. Zehntausende gelten als vermisst. Die Regierung ist bemüht, die Demonstranten als militante Islamisten darzustellen. Entschlossenes internationales Handeln ist weiter nicht in Sicht. Einem von Deutschland und drei weiteren EU-Staaten im UN-Sicherheitsrat eingebrachten Resolutionsentwurf, in dem Syrien Sanktionen angedroht werden, wollen sich Russland, China nicht anschließen. Jetzt soll über eine Resolution ohne Sanktionen verhandelt werden, in der Syrien nur verurteilt wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Abschluss G20-Gipfel in Brasilien
Der Westen hat nicht mehr so viel zu melden
CDU-Politiker Marco Wanderwitz
Schmerzhafter Abgang eines Standhaften