Aufstand gegen Gaddafi: Italien schert aus der Nato-Front aus

Der einst engste Freund Gaddafis in Europa fordert ein Ende der Kampfhandlungen. Italien kritisiert "dramatische Fehler" der Nato wegen ziviler Opfer. Die Rebellen sind in der Defensive.

Ein Gaddafi-Gegner feuert Granaten auf die feindlichen Stellungen bei Misrata. Bild: dapd

ROM/TRIPOLIS afp/taz | Erstmals hat ein am Nato-Einsatz in Libyen beteiligtes Land ein Ende der Kampfhandlungen gefordert. Italiens Außenminister Franco Frattini sprach sich am Mittwoch vor dem italienischen Unterhaus für ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen in Libyen aus. Diese müssten eingestellt werden, um eine schnelle humanitäre Hilfe für die Bevölkerung zu ermöglichen.

Zugleich forderte Frattini "detaillierte Informationen" zu den "dramatischen Fehlern" der Nato, nachdem das Militärbündnis zuvor die versehentliche Tötung von Zivilisten eingeräumt hatte. Bei einem Luftangriff auf Tripolis waren nach libyschen Angaben am Wochenende neun Menschen ums Leben gekommen, darunter zwei Kleinkinder.

Bei einem weiteren Nato-Angriff auf ein Militärziel westlich der Hauptstadt wurden demnach ebenfalls Kinder getötet, zudem bombardierte die Allianz am 16. Juni versehentlich eine Fahrzeugkolonne der Rebellen.

Solche Fehler beschädigen nach allgemeiner Einschätzung die Glaubwürdigkeit des Bündnisses. Italien stellt für den Nato-Einsatz in Libyen Militärstützpunkte sowie Flugzeuge und Kriegsschiffe zur Verfügung.

Am Dienstag hatte die Nato den Verlust einer Drohne eingestehen müssen. Sie dementierte zwar den Abschuss eines US-Kampfhubschraubers bei Zlitan durch die Gaddafi-Streitkräfte in Libyen, bestätigte aber den Verlust einer US-Drohne neuen Typs namens MQ-8B Fire Scout.

Der Radarkontakt sei aus noch unbekannter Ursache abgebrochen, erklärte ein Nato-Verantwortlicher. Das libysche Staatsfernsehen hatte zuvor Bilder eines Wracks gezeigt und behauptet, es handele sich um einen Apache-Kampfhubschrauber. Es ist der zweite Verlust eines US-Militärflugzeugs seit Beginn der Militärintervention im März.

In den letzten Tagen scheinen die Gaddafi-Streitkräfte in der umkämpften Region zwischen der Hauptstadt Tripolis und der von Rebellen gehaltenen drittgrößten Stadt Misurata 200 Kilometer östlich wieder stärker geworden zu sein.

Die Aufständischen in Misurata erklärten zu Wochenbeginn, sie hätten ihre Versuche eingestellt, die 40 Kilometer entfernte Stadt Zlitan zu erobern, um einen Durchbruch nach Tripolis beziehungsweise in die Rebellengebiete in den Bergen südlich der Hauptstadt zu schaffen.

Man konzentriere sich jetzt auf die Verteidigung Misuratas, hieß es. Zuvor war Misurata zum ersten Mal seit rund einem Monat wieder unter direkten Beschuss geraten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.