■ Aufruf zum bewaffneten Kampf: PKK erklärt Öcalan den Krieg
Berlin (taz) – Die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) steht vor der Zerreißprobe. Während sich der zum Tode verurteilte Generalsekretär Abdullah Öcalan der türkischen Regierung als Friedensstifter anbietet, ruft der Präsidialrat der Organisation zur Verstärkung des bewaffneten Kampfes auf.
In einer gestern vom Berliner Kurdistan Informationszentrum – einem Sprachrohr der PKK – verbreiteten Aufruf des Präsidialrates heißt es: „Wir laden Euch ein, den Kampf zu verstärken, Euch im Wissen, daß das Todesurteil gegen unseren Vorsitzenden Apo ein Todesurteil gegen uns alle ist, zu erheben und Eure Proteste auf allen Ebenen noch kraftvoller zum Ausdruck zu bringen.“
Diese Erklärung widerspricht sämtlichen Erklärungen des von seinen Anhängern Apo (Onkel) genannten PKK-Chefs seit seiner Verhaftung. Während seines Prozesses hatte er für eine friedliche Lösung des türkisch-kurdischen Konflikts geworben und angeboten, seine Kämpfer „von den Bergen zu holen“. Gestern berichtete die Zeitung Milliyet von einem Brief Öcalans an die türkische Regierung. In dem während seines Prozesses verfaßten Schreiben erklärte er, noch habe er die Macht, den Krieg zu beenden, aber vielleicht nicht mehr lange.
Dieser Satz hat beinahe prophetischen Charakter. Hatte bisher die PKK-Führung ihre Anhänger zur Zurückhaltung gemahnt, um das Leben ihres Chefs nicht zu gefährden, so scheinen sich nun die Hardliner durchzusetzen, die besser mit einem Märtyrer leben können als mit einem Friedensengel. Teile der Erklärung des nach Öcalans Verhaftung gegründeten Präsidialrates lesen sich wie ein Nachruf: „Der Vorsitzende Apo hat immer für Euch gelebt, sein ganzes Leben lang hat er sich neben Euren Interessen nicht einmal ein Privatleben erlaubt. Dadurch wurde der Vorsitzende Apo zum kurdischen Volk und das kurdische Volk zum Vorsitzenden Apo.“ Zwar endet die Erklärung mit dem obligatorischen „Es lebe der Vorsitzende Apo!“ Doch das könnte auch transzendent gemeint sein.
Thomas Dreger
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