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Aufruf zu SitzblockadenAnti-Atom-Protest geht weiter

Weil Atomkraftgegner den Plänen der Bundesregierung nicht trauen, rufen sie für Pfingsten zu Blockaden auf. Das AKW Brokdorf soll Zentrum des Protests werden.

Bereits im vergangenen Jahr demonstrierten 120.000 Menschen vor dem AKW Brokdorf. Bild: ap

BERLIN taz | Sie trauen der Bundesregierung nicht. Und von einer Schonfrist für Kernkraftwerke wollen sie nichts wissen: Weil sie die Pläne von Angela Merkel für zu mager halten, rufen Atomkraftgegner für Pfingsten zu massenhaften Sitzblockaden am norddeutschen Kernkraftwerk Brokdorf auf. Nach den derzeitigen Plänen der Bundesregierung müsste der Meiler erst Ende des Jahres 2021 vom Netz genommen werden, zu spät aus Sicht der Kernkraftgegner.

"Mit ihrem Beschluss, neun Reaktoren für mindestens zehn Jahre weiterzubetreiben, tritt Merkel die Anti-Atom-Bewegung mit Füßen und verhöhnt diejenigen, die sich nach Merkels Erklärungen unmittelbar nach Fukushima einen echten Atomausstieg erhofft hatten", sagte Luise Neumann-Cosel, Sprecherin der Anti-Atom-Initiative X-tausendmal quer.

Die Initiative ruft gemeinsam mit rund 40 Gruppen zu den Blockaden auf, darunter Organisationen wie etwa der BUND, Attac, die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, die Jusos und die gegen Stuttgart 21 aktiven Parkschützer. Daneben rufen in einem weiteren Bündnis Dutzende vor allem linksradikale Gruppen mit der Kampagne "Block Brokdorf" zu den Protestaktionen in Norddeutschland auf.

Beginnen sollen die Massenblockaden am Pfingstsonntag, dem 12. Juni. Dann sollen sie unter Umständen bis zum darauffolgenden Freitag andauern. Zum Zeitpunkt der geplanten Blockaden wird das von Eon betriebene Kernkraftwerk Brokdorf aufgrund von Revisionsarbeiten nicht in Betrieb sein. Die Atomkraftgegner begründen den Zeitpunkt der Blockaden mit dem Ablauf des Atommoratoriums und damit, keine Sicherheitsrisiken während des laufenden Betriebs eines Kraftwerks produzieren zu wollen. Eine Eon-Sprecherin sagte, die geplanten Blockaden würden "sowohl das von der Verfassung geschützte Grundrecht der freien Nutzung von Eigentum als auch das Grundrecht von fast 2.000 Beschäftigten auf Handlungsfreiheit und freie Berufsausübung verletzen".

Dabei werde gerade dem Kraftwerk Brokdorf eine hohe Robustheit mit großen Sicherheitsreserven attestiert. "Die Protestcamps verfolgen einzig und allein das Ziel, die notwendigen Revisions- und Instandhaltungsmaßnahmen durch das Blockieren der Zufahrtsstraßen zu behindern und so durch die Verzögerung des Wiederanfahrens des Kernkraftwerkes Brokdorf finanziellen Schaden zu verursachen", teilte eine Eon-Sprecherin mit.

Brokdorf ist eine wichtige Wegmarke der Anti-Atom-Bewegung. Im Februar 1981 kam es bei Protesten von rund 100.000 Atomkraftgegnern zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten, zahlreiche Menschen wurden verletzt. Heute sind massenhafte Sitzblockaden in der Anti-Atom-Bewegung ein anerkanntes Protestmittel und Ausdruck von Gewaltfreiheit. Jährlich im Herbst blockieren während der Castortransporte Atomkraftgegner rund um das umstrittene mögliche Endlager Gorleben die Transporte des Strahlenmülls, zuletzt im November 2010, wodurch sich ein Transport um anderthalb Tage verzögerte.

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2 Kommentare

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  • K
    Kalle

    Ich muss sagen ich bin sehr enttäuscht, dass eine Zeitung, wie die "TAZ", Ihre Berichte scheinbar nicht kontrolliert und/oder mit Lügen ausschmückt. Denn im letzten Jahr waren mit Sicherheit keine 120.000 Demonstranten vor dem "AKW" Brokdorf, vielleicht 120 über das Jahr verteilt. Abgesehen von der "Menschenkette", die wie man beispielsweise in Brokdorf sehen konnte noch nicht einmal mit Seilen und Jacken geschlossen worden ist. Außerdem fand die "Menschenkette jawohl nicht nur vor dem "AKW" in Brokdorf statt, sondern von Krümmel bis nach Brunsbüttel und führte lediglich am "AKW" Brokdorf vorbei.

     

     

    Fazit: Liebe "TAZ"(Martin Kaul) das nächste Mal besser recherchieren und nicht jeden Müll schreiben oder Berichte mit Lügen "verschönern"!!!

  • DS
    der Stromer

    ich habe 2005 während des winterbedingten Stromausfalls im Münsterland gearbeitet. Der war mit allen seinen Folgen nicht lustig. Eine Woche frieren war die leichteste Disziplin, unbezahlter Urlaub wegen fehlender Elektrizität und somit "höherer Gewalt" war dann schon mehr ein Highlight.

     

    Die Bundesnetzagentur warnt nun seit Tagen, dass es wegen der (religiös-ideologischbedingten) Abschaltung vieler AKW's zu ähnlichen Situationen kommen könnte.

    Falls dies eintrifft, wer ersetzt eigentlich verdorbene Ware in Kühlschränken oder im Winter Frostschäden an Gebäuden?

    Wer ersetzt den oben erwähnten Verdienstausfall, wer ersetzt Arbeitgebern ihre wirtschaftlichen Schäden?

     

    Zahlt die Bundesregierung oder werden die betroffenen Bürger in den Prozessmarathon gegen ihre Energieversorger geschickt?

     

    Auch könnten Grosskonzerne eine Prozesslawine lostreten. Ich halte es für wenig hilfreich, anzunehmen, dass z.B.Daimler Bandstillstände oder KommunikationsGau's mit wichtigen Kunden aufgrund von strombedingten Servershutdowns hinnehmen würde.