: Aufrührisch? Nimmermehr!
■ Wohlgemuter Rockarbeiter: Steve Harley & Cockney Rebel im Aladin
Wenn einer Steve Harley heißt und noch dazu seine Band Cockney Rebel, dann könnte der Eindruck entstehen, der Musiker müsse etwas mit Motorrädern und aufrührerischen Ost-Londonern zu tun haben. Von wegen.
Der Mann mit der Stirn bis zum Hinterkopf, der aussieht, wie ein Cousin von Phil Collins, hat ganz anderes im Sinn. Musikalisch versucht er seit fast zwanzig Jahren, der sonnigen Seite des Rock- Business einen Lebensunterhalt abzuringen. Früher ging das ganz gut, dann war eine lange Weile Stille, und nun tourt er wieder mit frohgemuter Musik, seiner alten Originalband und neuem sowie altem Songmaterial durch die Lande.
Diesmal war er im nicht gerade prall gefüllten Aladin zu hören, und ein Blick durch die lichten Reihen des Publikums genügte. Der Altersdurchschnitt derer, die da gutgelaunt die Fußspitzen im Takt mitwippten, lag schon etwas höher als bei anderen Konzerten. „Oh, we're havin' a party“, intonierte das Sextett bald. Hielt es dann für einige Sekunden inne, so waren es die ZuhörerInnen, die eben diese Textzeile bereitwillig mitsangen. Das geschah recht oft, immer wenn der freundliche Steve „Please“ sagte, oder „Bitte“ oder „I leave it to you“.
Auch wenn als Ergebnis eines unglücklichen Zusammentreffens von Aladin-Architektur und Abmischung der Baß-Töne so manche Säule im Saal bedrohlich vibrierte, blieb dies doch eher eine untergeordnete Nebenerscheinung. Ein wenig Härte zwischendurch mußte sein, aber danach schlug die gut aufeinander eingespielte Band wieder melodische Rock-Töne an, von Steve jederzeit stimmlich souverän geführt. Umrahmt wurde das Ganze von einem feinen Spiel der halb- akustischen und elektrischen Gitarren sowie einer gelegentlichen Violine. Die sechs Musiker kannten sich bestens, das war unüberhörbar.
Wenn das Keyboard auch hier und da reichlich Pink-Floyd- Bombast versprühte, Mr. Harley einige Anleihen bei den Herren Dylan und Byrne zu machen schien, dann sprach das eigentlich nur für die musikalische Vielfalt der Gruppe.
Der Beliebigkeit gaben sich die Cockney-Rebellen jedenfalls nicht hin, Steve Harley hatte die über zweistündige Show gut im Griff. Zum Schmusen war der Abend nicht zu laut, für ein Feuerzeug-Meer nicht rührend genug, aber für besinnlich gute Laune gerade richtig. Cool J.F.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen